Lernbegleitung
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Haltungsänderung – von der dozierenden Lehrkraft zur Lernbegleitung
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Die Rolle der Lehrkraft im Wandel
Die Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern haben sich in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt. Häufig wird von einem Rollenwandel gesprochen, bei dem die Rolle der Lehrkraft als dozierende Wissensvermittlerin in den Hintergrund getreten ist. Stattdessen wird ein Rollenverständnis in Richtung Lernbegleitung, individuelle Unterstützung, Beziehungsgestaltung u.v.a. in den Vordergrund gerückt.
Dieser Rollenwandel ist aber nicht schwarz und weiß zu sehen. Aufgaben der Wissensvermittlung bleiben relevant. Und auch eine professionelle Lernbegleitung will gelernt und geübt sein. Dieses Lernangebot will Sie dabei unterstützen!
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Unsere Bilder von Lehrkräften
In Film und Fernsehen, in Medienberichten und vielen Köpfen wird die Lehrkraft auch heute noch häufig stereotypisch dargestellt wie im oben angefügten Bild. Das Projekt EDUimages hat sich zum Ziel gesetzt, die neue Rolle von Lernenden und Lehrenden wortwörtlich sichtbarer zu machen – über Fotos.
Stöbern Sie in der Fotosammlung auf https://images.all4ed.org/collections/. Notieren Sie für sich eine Liste von Verben, welche Aufgaben und Tätigkeiten die Lehrkräfte auf den Fotos übernehmen. Gleichen Sie das Ergebnis mit Ihren eigenen Vorstellungen der Rolle als Lehrkraft ab.
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„Haltungsänderung ja – aber da gehört mehr dazu“
Häufig wird die Veränderung hin zur Rolle der Lehrkraft als Lernbegleitung mit dem Appell „Auf die Haltung kommt es an!“ verbunden. Die Verbindung von Haltung und Rollengestaltung ist zwar nicht falsch (vgl. z.B. Rotter, Schülke, Bressler 2019). Aber es braucht mehr als nur eine Haltungsänderung, bei der einfach im Kopf ein Schalter umgelegt werden könnte. -
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Ausklappen Einklappen Das Transkript zum Video finden Sie hier. Das Video verfügt über Untertitel, die Sie aktivieren können.
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Wir leben in einer Zeit der allumfassenden Konnektivität und Globalität. In dezentralen Strukturen wird dabei eine enorme Menge an Wissen generiert. Das, was aktuell, das, was heute 'state of the art' ist, kann morgen schon wieder veraltet sein. Gleichzeitig konfrontiert uns unser beruflicher wie privater Alltag mit Situationen, die alles andere als didaktisch strukturiert sind. Ganz im Gegenteil: Die Probleme und Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, sind vielfach undurchsichtig, komplex, mehrdeutig und auch schwer vorhersehbar.
00:00:37:86 - 00:01:06:00
Dadurch verändert sich natürlich auch die Art und Weise, wie wir mit Informationen, wie wir mit Wissen umgehen müssen. Aber um trotz dieser Anforderung und Herausforderung unser Autonomiestreben zu befriedigen, unsere Individualität zu bewahren, brauchen wir Kompetenzen, die uns ermöglichen, Wissen und Informationen selbstständig, reflektiert und effektiv erschließen zu können. Genau diese Kompetenzen werden durch das Konstrukt der Selbstregulationskompetenz beschrieben.
00:01:06:00 - 00:01:37:50
Was genau das für uns als Lehrkräfte heißt, was das genau für unseren Unterricht bedeutet, wollen wir in diesem Kurs erfahren. Dazu wollen wir ausgehend vom Lernen und den dabei ablaufenden kognitiven Prozessen die Bedeutung der Selbstregulation verstehen, wollen Teilkompetenzen der Selbstregulationskompetenz bestimmen und aus der methodischen Perspektive unseres Unterrichtes Gelingensbedingungen im Sinne des sogenannten 'selbstregulierten Lernen' extrahieren, die der Förderung und Unterstützung der Selbstregulationskompetenz dienen.
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Stimmen aus der Praxis, Teil 1
Wir haben quereingestiegene Lehrkräfte gefragt: Inwieweit haben Sie beim Quereinstieg Ihr eigenes Bild von der Lehrkraft-Rolle verändert? Hier können Sie Ihre Antworten hören.
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Ausklappen Einklappen Das Transkript zum Audio finden Sie hier.
00:00:01:04 - 00:01:13:20
Ralf, Berufsschule
Also die Rolle der Lehrkraft als Lernbegleiter. Tatsächlich das „wie ich Lehrerdasein lebe“ und die Rolle, die ich da einnehme, weicht deutlich davon ab von dem, was ich in meiner eigenen Schulzeit erlebt habe und was ich vielleicht auch an einigen Stellen an Eindrücken vor der Zeit als Lehrkraft hatte, wie man das so ausleben kann. Ich hatte schon also bedingt durch die Tätigkeit im pädagogischen Feld ohnehin schon eine andere Vorstellung davon, wie Wissensvermittlung passieren kann, als dieses klassische Frontale.
Aber wenn ich sozusagen als Quereinsteiger meine eigene Schulerfahrung nehme, dann muss ich sagen, ist die Rolle als Lehrkraft gerade an einer berufsbildenden Schule, wo ich tätig bin, tendenziell schon eine andere als diejenige, dass man das Wissen in den Klassenraum trägt und den Schülern quasi den Nürnberger Trichter aufsetzt und da irgendwas reingekippt. Sondern es geht eher darum, das Lernen zu ermöglichen und gute Rahmenbedingungen zu schaffen, dass andere, nämlich in dem Fall die Schüler, lernen können.
00:01:15:07 - 00:02:16:08
Anonym, IGS
Das eigene Bild von der Lehrkraftrolle, das war für mich eine der größten Herausforderungen und eine der größten Erkenntnisse. Und war für mich eigentlich der zentrale Punkt des ganzen Quereinstiegs. Und mir ist auch klar geworden, dass man auch als Quereinsteiger eine sehr gute Lehrer-Persönlichkeit sein kann. Weil ich gleichzeitig gesehen habe, dass es auch unglaublich schlechte Lehrer-Persönlichkeiten gibt, die aktuell im Dienst sind und unglaublich gute.
Und es gibt anscheinend Leute, die durch Referendariat gehen und sich komplett verstellen und erst viel später eine Persönlichkeit entwickeln, die aber nicht unbedingt immer gut sein muss. Also ich musste wirklich auch mein eigenes Bild von den Lehrern, die ich früher hatte, auf den Kopf stellen. Ich musste eine neue Perspektive einnehmen und das hat auch ein bisschen gedauert. Die ersten sechs Monate waren wirklich hart und dann hat sich herauskristallisiert, wer ich sein möchte. Und dann fing alles an, gut zu werden.
00:02:17:17 - 00:04:07:21
Tina Köhn, Grundschule/Sekundarschule
Ich arbeite an einer Schule, die von Jahrgang 1 bis Jahrgang 13 geht und in der wir bis zum Jahrgang 8 keine Noten haben. Dadurch haben wir die Möglichkeit, die Kinder in ihrem individuellen Lernweg sehr gut begleiten zu können. Und ich verstehe mich als die, die mit den Kindern zusammen einen Weg findet, wie das, was gelernt werden soll und das, was die Kinder interessiert, möglichst passend auf die Kinder zusammengestellt werden kann.
Ich gehe also als Coach oder als Beraterin in die Situation und stehe nicht vor einer Klasse und habe die Klasse 3C oder die Klasse 8A vor mir, sondern ich arbeite mit Ede oder mit Hanna gerade. Und das heißt, ich kann mich auf die jedes einzelne Kind genau einstellen und kann sehen, an welcher Stelle hakt es bei dem Kind.
Und das ist eigentlich das aller Interessanteste finde ich in diesem Beruf, dass ich so viele individuelle Menschen kennen lerne, Kinder mit ganz individuellen Mustern und Lerneninteressen und inneren Welten. Und wenn man mit den Kindern einzeln in Kontakt ist, dann lernt man diese Welten kennen und hat eine Chance, mit den Kindern zusammen, diese Fähigkeiten, die sie mitbringen, auszubauen und die Schwierigkeiten, die sie haben, zusammen zu überwinden.
Und da wir keine gemeinsamen Klassenarbeiten schreiben, in dem ich dem einen Kind immer sagen muss „Weißt du, du kannst das gar nicht. Das, was du können sollst, schaffst du sowieso nicht, weil du bringst es einfach nicht“, sondern ich kann ihnen sagen „Ja, super, du hast den nächsten Schritt gemacht, du bist ein Stück weitergegangen.“ Und wenn es dann nicht den Bildungsplan entspricht, ist nicht so schlimm. Das Kind hat ja was gelernt. Und wenn es auf die Dauer lernt und den Reiz am Lernen nicht verliert, dann wird es auch seinen Weg gut machen können.
00:04:08:16 - 00:04:51:08
Anonym, Grundschule
Ich musste ein bisschen anpassen im System der Schule, dass ich eigentlich aus einer Auffassung komme, den Rahmen zu schaffen für das Lernen zu begleiten, zu coachen. Und darauf ziele ich natürlich weiterhin ab, aber merke schon auch, dass die Strukturen, wie sie heute eben sind, also vielleicht eine Unterrichtstaktung mit Stunden und so, dass es eben häufig schwer macht, so zu arbeiten, wie ich mir das eigentlich wünsche.
Und dass man natürlich wie so oft so ein Mittelding dann hinkriegen muss, aus sehr enger Führung und klarer Struktur und aber auch eben den Freiräumen, in denen Menschen eher vielleicht interessengeleitet Dinge machen können. Aber das hat sich bei mir verändert, würde ich sagen.
00:04:53:01 - 00:05:16:13
Gratian Riter, Berufsschule
Zunächst hat man ja so das Bild im Kopf, dass der Lehrer die Lehrkraft vorne rumturmt und alles erklärt und jedem ständig alles sagt, was er zu tun hat und so. Und die, ja, die wichtigste Veränderung war es tatsächlich zu merken, dass ich dann alles richtig gemacht hat, wenn die Schüler mich gar nicht mehr brauchen, wenn ich im Hintergrund verschwinde.
00:05:17:22 - 00:05:59:14
Tom Mittelbach, Gemeinschaftsschule
Bei meinem Quereinstieg war es tatsächlich genau so, wie ich es erwartet hatte. Aus der Streetwork kannte ich ja durchaus schon Schulen von innen. Das heißt also nicht als Schüler*in, sondern als Erwachsene, als Profi in dem sozialarbeiterischen Gebiet. Aber es war überraschend, wie sehr Schule noch der Bildungseinrichtung ähnelte, an die ich mich selbst aus meiner Schulzeit erinnerte. Vielmehr haben mich diese Erkenntnisse dann dazu gebracht, dass ich mich umso mehr dafür einsetzen, dass die traditionelle Rolle der Lehrer*innen bald als verändert betrachtet werden kann. Wir müssen diese althergebrachte Rolle der Lehrkraft unbedingt ändern. Die meisten haben natürlich studiert, sind fachlich aber top up-to-date, aber eben keine Pädagog*innen. Und genau die brauchen wir meiner Meinung nach ganz besonders.
00:06:00:21 - 00:06:48:06
Anonym, Grundschule
Ich denke, für Kolleg*innen, die eben nicht einen pädagogischen Hintergrund haben, sondern mit dem Fachlichen natürlich reinkommen, dass es für die eben gerade schwierig ist, vielleicht das Fachliche auch ein bisschen nicht nach hinten zu stellen, aber zu reduzieren auf das richtige Maß und vor allem eben für das Lernen und den Kontakt zu den Schüler*innen, die richtigen Bedingungen zu schaffen und das gut hinzubekommen.
Das, denke ich, ist auf jeden Fall eine Herausforderung, gerade auch dann schon mit dem inhaltlichen Druck, der eher darauf guckt: Lernen die genug und kann ich das alles abprüfen? Aber eben nicht nur das im Vordergrund zu haben, sondern auch die ganze Lernatmosphäre und wie man das eben Leute dazu bekommt, was gut lernen zu können. Das, denke ich, ist schwierig für Quereinsteiger*innen.
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Jetzt sind Sie dran!
Wenn Sie schon in der Schule arbeiten, beantworten Sie die Frage für Sie persönlich: Inwieweit haben Sie beim Quereinstieg Ihr eigenes Bild von der Lehrkraft-Rolle verändert? Welches Bild hatten Sie vorher – und wie würden Sie Ihr neues Bild formulieren?
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