Professionelle Zusammenarbeit in der Schule
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Warum überhaupt Zusammenarbeit in der Schule?
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Stimmen aus der Praxis
An den Anfang unseres Lernangebots stellen wir Stimmen aus der Praxis – und das meinen wir ganz wörtlich: Sie können Stimmen von anderen Quereinsteiger*innen und Quereinsteigern hören, die wir zum Thema Zusammenarbeit befragt haben:
Welche Vorstellungen von #Zusammenarbeit hatten quereinsteigende Lehrkräfte VOR ihrem Quereinstieg – und was haben sie dann in der Praxis erlebt? Wie und wo erleben Sie Zusammenarbeit in der Schule?
Audio Stimmen aus der Praxis zu Zusammenarbeit – Teil 1 von mehreren Praxisstimmen mit der Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim) | Lizenz CC BY 4.0 | Mehr zu den Mitwirkenden finden Sie in unserer Danksagung in: „Über dieses Lernangebot“ -
Das Transkript zum Audio finden Sie hier.
00:00:01:03 - 00:00:53:06
Anonym, Grundschule
Ich komme aus der Erwachsenenbildung und da ist es ein sehr starkes Thema. Die Kommunikation, die Zusammenarbeit, Abläufe, auch projektorientiertes Arbeiten. Also gemeinsam Ziele entwickeln, die zusammen zu erreichen. Und das habe ich bisher in der Schule weniger erlebt. Man ist doch sehr stark orientiert am Erfüllen des eigenen Unterrichts. Das ist einfach auch die große Herausforderung, den geregelt zu bekommen.
Und da guckt man doch erst mal viel auf sich. Und es geht dann auch nicht so sehr um gemeinsame Ziele. Also auch da finde ich es toll, die gemeinsam zu entwickeln, vielleicht aber auch ein paar Ziele vorgegeben zu haben, aber deutlicher zu haben. Gemeinsam als Team wollen wir die auch erreichen und jeder muss bei sich gucken, was kann er dazu beitragen, dass diese Ziele erreicht werden?
00:00:54:15 - 00:01:19:23
Alexandra Schwarz, Gymnasium
Ich bin am Anfang ganz naiv an die Schule rangegangen. Für mich war die Schule nichts anderes als eine große Firma. Der Chef, in dem Fall Schulleiter oder Schulleiterin, weiß, wo es langgeht und steuert sozusagen den Laden. Ja, aber tatsächlich, In der Realität ist es ganz anders. Schule ist gelebte Demokratie mit allen Vor- und Nachteilen. Und ja, ich muss mich auch dran gewöhnen, dass ich erst mal, wenn ich wirklich Veränderungen wünsche, dass ich das wirklich mitbestimmen muss.
00:01:21:05 - 00:01:47:10
Edda, Gymnasium
Mein Quereinstieg vor 17 Jahren fand parallel zu den Referendaren im Seminar in Stade statt. Im Unterschied zu den Referendarkollegen musste ich keine Prüfung ablegen, jedoch musste ich meinen Alltag vor den Schülern bestehen. Auch eine Art Prüfung. Das Wichtigste in dieser Zeit für mich waren jedoch meine Kolleginnen in der Schule, die mich durch den Schulalltag begleiteten, die Organisation in der Schule erklärten und in die Geheimnisse des Schulcurriculums einführten.
00:01:48:22 - 00:03:01:18
Ralf, Berufsschule
Was mir aufgefallen ist bei der Frage nach der Zusammenarbeit, dass ich insgesamt mehr Zusammenarbeit erwartet habe und gleichzeitig die Art der Zusammenarbeit mir auch anders vorgestellt habe. Also so ein bisschen. Man ist doch sehr Einzelkämpfer und das habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Also weder innerhalb der Schule noch schuleübergreifend, weil es ja so viele Leute gibt, die eigentlich das Gleiche machen und trotzdem jeder für sich.
Also vielleicht, dass die Infrastruktur zur Zusammenarbeit auch unterdurchschnittlich gut ausgestattet ist. Also das geht los bei Arbeitsplätzen zum Zusammenarbeiten und geht weiter mit Tools zur Zusammenarbeit. Das scheint mir irgendwie– also Zusammenarbeit ist kein großes Thema wieder. Und da komme ich zurück. Weder an der einzelnen Schule noch schuleübergreifend. Und vor allem scheint Schule das nicht als Aufgabe für sich selbst zu verstehen, zusammenzuarbeiten, zu fördern und zu institutionalisieren und dafür eine Infrastruktur bereitzustellen.
Sondern da kommen dann plötzlich irgendwelche Anbieter von außen, die sagen Ja, man könnte ja Lehrer auch zusammenarbeiten lassen.
00:03:03:01 - 00:03:28:17
Anonym, IGS
Vor meinem Quereinstiegs war mir nicht klar, wie viel Zusammenarbeit in der Schule als Hintergrund stattfindet und wie viel die Kolleginnen und Kollegen sich immerfort austauschen über die Schülerinnen und Schüler. Auch war mir nicht klar, wie viel Zeit dabei draufgeht. Ich habe meinen Quereinstieg an einer integrierten Gesamtschule gemacht und das hatte mich schon sehr überrascht.
00:03:30:06 - 00:04:36:14
Anonym, Grundschule
Ich denke, gerade als Quereinsteiger geht es erst mal darum, seine Hauptaufgabe, den Unterricht zu machen, zu erfüllen. Und da ist natürlich auch eng dabei, das zu machen. Und wahrscheinlich erst nach und nach. Merkst du, ach ja, Schulentwicklung oder Themen drumherum sind ja auch noch wichtig, aber da ist dann manchmal schwierig, vielleicht auch eine Verbindlichkeit herzustellen im Schulsystem. Es gibt dann Leute, die haben eine Zuordnung zu bestimmten Themen.
Aber wie die jetzt genau ausgefüllt werden sollen und vielleicht auch in welchem Maß also diese Verbindlichkeit, das ist, glaube ich, oft schwer zu erfassen, auch durch so einen wilden Mix aus Verantwortung und Befugnissen. Also es gibt halt nicht irgendwie „hier ist die Aufgabe und du musst das jetzt machen“, was erst mal gut ist. Lehrer*innen brauchen ja auch sehr auf ihre Freiheit im Allgemeinen. Aber das führt dann halt auch dazu, dass man manchmal nicht so gemeinsam in eine gleiche Richtung läuft und sich auch darauf verlassen kann, dass nach bestimmten Zeiten was passiert ist.
00:04:38:02 - 00:05:16:08
Tom Mittelbach, Gemeinschaftsschule
Was mir als allererstes aufgefallen ist, ist diese unglaublich einfache, aber gleichzeitig sehr wuchtige Hierarchie in der Schule, die sich aus ganz viel althergebrachten Rollen und einem zum Teil patriarchalen Verständnis speist. Der Lehrer hat Recht und die Schüler haben keine Angst. Die Zusammenarbeit zwischen Erwachsenen muss sehr stark gestaltet werden. Viele brauchen Unterstützung und auch Mut, sich aus diesen alten Mustern zu lösen.
Die Unbeweglichkeit, die mir aufgrund meiner vorherigen Tätigkeiten sehr stark aufgefallen ist, hat sich über die Zeit zum Glück verändert. Heute bin ich daran beteiligt, Agilität und zum Beispiel Barcamps in die Breite zu bringen. Das ist gut so und nach wie vor auch notwendig in der Schule.
00:05:17:14 - 00:06:22:22
Anonym, IGS
Bei der Zusammenarbeit in der Schule ist mir als Quereinsteiger auch noch aufgefallen, dass es zum einen, wie meine letzten Wortmeldungen, auch sehr positive Bereiche zu nennen sind, aber auch Bereiche, in denen Kolleginnen und Kollegen sich wirklich rausgezogen haben, Sachen nicht erledigt haben und dem Schulleiter die Hände gebunden waren, weil es alles Beamte sind. Das hat mich als Quereinsteiger wirklich überrascht, dass man in diesem System so weit gehen kann, bis irgendwas passiert.
Und das ist aus meiner Perspektive als jemand, der vorher in der freien Wirtschaft war, manchmal gar nicht zu fassen. Und das ist auch eine Sache, die ich mittlerweile auch nach wie vor im Schuldienst nicht gut finde, dass das System sozusagen auch schwer zu führen ist, weil, wenn es hart auf hart kommt, hat man selbst als Schulleitung nicht wirklich viele Gestaltungsmöglichkeiten. Und das macht die Arbeit in der Schule manchmal nicht leicht.
00:06:24:08 - 00:06:54:12
Anonym, Grundschule
Als ich angefangen habe, ist mir aufgefallen, dass es nicht so viele Strukturen der Zusammenarbeit gibt, wie ich das erwartet hätte und auch hätte brauchen können. Und ich denke, das kann noch mehr werden. Und das hilft natürlich, wenn man klarer hat, wie spricht man sich mit Kolleg*innen ab, auch konkret auf Unterricht, aber auch schulische Abläufe. Ich denke da noch ein bisschen klarer. Das sehen und nutzen zu können als Werkzeug, das wäre toll.
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Eine Kultur des Teilens braucht ein Handwerk des Teilens
Im Video erklärt Jöran Muuß-Merholz, warum eine „Kultur des Teilens“ alleine nicht ausreicht, sondern auch ein „Handwerk des Teilens“ wichtig ist. Außerdem gibt er eine Vorschau auf drei Brillen, mit denen man Zusammenarbeit besser verstehen und gestalten kann.
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Eine Kultur des Teilens braucht ein Handwerk des Teilens
Dieses ist die erste „Brille“, mit der Sie Ihren Blick auf Zusammenarbeit schärfen können. Das Thema „Zusammenarbeit“ spielt in der Schule auf ganz unterschiedlichen Ebenen eine Rolle. Es hilft, wenn man sich zunächst klar macht: Auf welcher Ebene sind wir hier gerade unterwegs? Oder anders gefragt: Warum wollen wir eigentlich Zusammenarbeit?
Im Video werden die folgenden möglichen Begründungen unterschieden:
- je komplexer die Welt, desto mehr Arbeitsteilung und Zusammenarbeit
- Zusammenarbeit als allgemeine Kompetenz, also als Skill für das 21. Jahrhundert
- Förderung spezifischer Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern
- Zusammenarbeit als Teil der Professionalität von Lehrkräften
- Zusammenarbeit als Form und Mittel des Lernens (Didaktik)
- Arbeiten in Teams, Arbeitsteilung und Zusammenarbeit als Ziel von Schulentwicklung
- übergreifende Zusammenarbeit multiprofessioneller Akteure, zwischen Schulen untereinander und zwischen Schulen und außerschulischen Organisationen oder auch als schulübergreifende Zusammenarbeit von individuellen Lehrkräften
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Jetzt sind Sie dran!
Hören Sie sich das Video noch einmal und pausieren sie es nach jeder Ebene. Blicken Sie auf diese Weise nacheinander auf jede der sieben Ebenen der Zusammenarbeit. Notieren Sie sich jeweils ein Beispiel: Wo spielt diese Ebene – in Diskussionen oder Praxis – in Ihrem Umfeld eine Rolle? Auf diese Weise schärfen Sie Ihren Blick auf die verschiedenen Ebenen und Zielsetzungen, die mit Zusammenarbeit verbunden sein können.
Tipp: Nutzen Sie hierfür unseren Lern-Canvas! Dort sind die folgenden Namen der Ebenen bereits eingefügt.
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Lese-Tipp: Zusammenarbeit in der digitalen Welt
Optionale Vertiefung
In den vergangenen Jahren hat das Thema Zusammenarbeit im Kontext des digitalen Wandels von Gesellschaft und Schule besondere Bedeutung bekommen. Das lässt sich in zwei Papieren gut nachvollziehen, die die Kultusministerkonferenz verabschiedet hat und von denen unserer Experte Jöran Muuß-Merholz sagt: „Diese beiden Papiere sind wirklich hilfreich für die Veränderung von Schule für die digitale Welt! Das Thema Zusammenarbeit hat darin einen hohen Stellenwert. Insbesondere im Papier 2021, wo es um die professionelle Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden geht, stecken viele Perspektiven für echte Innovation!“
Drei Lese-Empfehlungen:
- Lehren und Lernen in der digitalen Welt (PDF) – Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 09.12.2021 – mit besonderem Fokus auf die professionelle Zusammenarbeit von Lehrkräften (v.a. in der zweiten Hälfte des Papiers)
- Bildung in der digitalen Welt (PDF) – Strategie der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2016 – mit besonderem Fokus auf Zusammenarbeit als Kompetenz von Schülerinnen und Schülern (im Kompetenzbereich „2. Kommunizieren und Kooperieren“)
- Orientierungsrahmen Medienbildung (Niedersachsen, 2020) – Konkretisierung der KMK-Strategie im Hinblick auf Medienbildung in der allgemein bildenden Schule in Niedersachsen
Empfehlung zur Vertiefung
Stöbern Sie in diesen Dokumenten nach Stellen, wo das Thema Zusammenarbeit behandelt wird. Gleichen Sie die dort beschriebenen Zielsetzungen mit Ihrem Arbeitsalltag ab. Wichtig: Die Papiere sind relativ neu. Sie sollen also nicht den bisherigen Status Quo beschreiben, sondern Zielsetzungen für die Entwicklung von Unterricht und Schule.
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