Abschnittsübersicht

  • Übersicht des Selbstlernbausteins "Computational Thinking in der Grundschule"

    • Computational Thinking (CT) findet zusammen mit anderen Fähigkeiten wie Kommunikation, kritischem Denken und Kreativität als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts zunehmende Beachtung. Computational Thinking oder thinking like a computer scientist" ist für die Entwicklung von Computeranwendungen unerlässlich, kann aber auch zur Unterstützung von Problemlösungen in anderen Kontexten und Fächern wie z.B. Mathematik oder Naturwissenschaften eingesetzt werden. Auch wenn es keine allgemein akzeptierte Definition von CT gibt, so macht die folge Definition deutlich worum es geht:

      „Computational thinking is the thought processes involved in formulating a problem and expressing its solution(s) in such a way that a computer—human or machine—can effectively carry out“ (J. Wing, 2017, S. 8).

      CT ist demnach ein Denkprozess, der bereits Schüler:innen in der Grundschule helfen soll, komplexe Probleme in kleinere Teilprobleme zu unterteilen, systematisch zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten, die sowohl von Menschen als auch Informatiksystemen ausgeführt werden können. In diesem Kurs werden wir die Bestandteile des Computational Thinking kennenlernen:


    • Abstraktion ist eine Möglichkeit komplexe Probleme leichter zu durchdenken. Dabei geht es geht darum unnötige Details auszublenden und so Komplexität zu reduzieren. Die Kunst besteht darin, die richtigen Details auszublenden ohne dass etwas Wichtiges verloren geht.

      Wenn wir zum Beispiel Karten spielen, verwenden wir das Wort "mischen". Jeder Spieler weiß, dass "mischen" bedeutet, die Karten in eine zufällige Reihenfolge zu bringen. "Mischen" ist also eine Abstraktion für einen bestimmten Vorgang. Die gleiche Art der Abstraktion funktioniert auch beim Programmieren. Wir müssen nur einmal eine Beschreibung einbinden wie das Mischen durchgeführt werden soll und können uns anschließend im gesamten Programm auf das Mischen beziehen, ohne darüber nachdenken zu müssen was gemeint ist oder zu wissen wie das Programm dies tatsächlich tut.

      Wie die anderen Elemente des Computational Thinking, finden sich Beispiele für Abstraktion auch in unserem Alltag sowie in anderen Perspektiven oder Fächern der Grundschule wieder:

      • In der geographischen Perspektive werden Karten als Abstraktion der Umwelt genutzt um z.B. die Schule und den Schulhof zu beschreiben. Auch hier werden unwichtige Details weggelassen und nur wichtige Landmarken oder Hindernisse eingezeichnet.
      • In Deutsch und Englisch werden Texte zusammengefasst und
      • bei der Beschreibung von Filmen oder Serien erzählen wir unseren Freunden nicht jedes einzelnen Detail der Geschichte.

    • Dekomposition ist eine Methode um Aufgaben, Probleme und Prozesse in ihren Teilen zu betrachten. Das Zerlegen komplexer Probleme in kleinere, überschaubarere Teile ermöglicht das Erkennen von Mustern oder Identifizieren der wichtigsten Teile des Problems. Diese können nun getrennt voneinander analysiert, verstanden und gelöst werden, bevor sie abschließend zu einer zu einer Schritt-für-Schritt-Lösung wieder zusammengefügt werden.

      Auch für die Dekomposition finden sich zahlreiche Beispiele in unserem Alltag:

      • Beim Putzen von Zimmer/Haus gehen wir die Aufgabe nicht als Ganzes an, sondern unterteilen die Aufgabe mit Hilfe einer To-Do-Liste in mehrere Teilaufgaben:
        • Mülleimer leeren
        • Staubsaugen
        • Wischen
        • Spielzeug wegräumen
        • ...

    • Algorithmisches Denken ist eine Methode, um durch die klare Definition der erforderlichen Schritte zu einer Lösung zu gelangen - nichts geschieht durch Zauberei. Bei Algorithmen (=Handlungsanweisungen) handelt es sich um Anweisungen oder Regeln, die, wenn sie genau befolgt werden (sei es von einem Menschen oder einem Computer), zur Lösung sowohl des Problems führen.

      Zum Beispiel lernen wir alle in der Schule Algorithmen für die Multiplikation. Wenn wir (oder ein Computer) die Regeln, die wir gelernt haben, genau befolgen, können wir die Antwort auf jede Multiplikationsaufgabe erhalten. Sobald wir den Algorithmus kennen, müssen wir nicht jedes Mal, wenn wir mit einem neuen Problem konfrontiert werden, die Multiplikation von Grund auf neu berechnen. Darüber hinaus begegnen uns Algorithmen als Handlungsvorschriften auch in unserem Alltag z.B. bei Kochrezepten oder der Aufbauanleitung von Möbeln:

      Egal wie Komplex die Handlungsvorschriften zum Lösen eines Problems auch sind, bestehen sie aus nur wenigen Grundbausteinen:

    • In dieser Lektion werden die Grundbausteine anhand von Beispielen nacheinander eingeführt und jeweils in einem anschließenden interaktiven Spiel verwendet.
  • Bei der Evaluierung geht es darum herauszufinden, ob eine algorithmische Lösung gut ist und sie für den jeweiligen Zweck geeignet ist. Dafür müssen verschiedene Eigenschaften von Algorithmen bewertet werden: ob sie korrekt oder schnell genug sind, sparsam mit den Ressourcen umgehen oder für die Menschen einfach zu bedienen sind. Dabei müssen häufig Kompromisse eingegangen werden, da es selten eine einzige ideale Lösung für alle Situationen gibt.

    Generalisierung ist eine Möglichkeit neue Probleme, auf der Grundlage bereits gelöster Probleme, schnell zu lösen. So kann ein Algorithmus zum Lösen eines bestimmten Problems so angepasst werden, dass er eine ganze Klasse ähnlicher Probleme löst. Wann immer wir dann ein neues Problem dieser Art zu lösen haben, wenden wir einfach diese allgemeine Lösung an.

  • Zur Vermittlung der hier vorgestellten Grundlagen von Computational Thinking wurden in den letzten Jahren ein Vielzahl von Tools und Methoden entwickelt, von denen wir einige im folgenden Abschnitt kurz vorstellen möchten.

    • CS Unplugged ist eine Sammlung kostenloser Lehrmaterialien, durch die Computational Thinking und andere Konzepte der Informatik anhand von Spielen und Aufgaben mit Karten, Bindfaden, Wachsstiften und viel Herumrennen gelehrt wird. Mit dem Spiel KidBots lernen die Schüler:innen Probleme (z.B. Wie kommt der Kidbot von A nach B?) in kleine Teilschritte zu zerlegen und mit Hilfe präziser Anweisungen einen Algorithmus zum lösen dieses Problems zu formulieren. Im Sage Verlag ist zudem ein englischsprachiges Buch zum Thema erschienen: Teaching Computing Unplugged in Primary Schools


    • Cubetto ist ein rechteckiger Holzroboter welcher mit Hilfe einer elektronischen Holztafel und pfeilförmigen Anweisungsblöcken gesteuert werden kann. Hilfe von unterschiedlichen Spielmatten können komplexe Aufgaben in Form von Geschichten (z.B. Besuch im Schloss oder Ausflug in die Berge) gestalten werden, die durch Algorithmen (=Handlungsanweisungen) mit Hilfe der 16 Anweisungsblöcke (Vorwärts, Links, Rechts, Funktion) durch die Schüler:innen gelöst werden können.

      Neben den offiziellen Spielmatten gibt es bereits eine Vielzahl von Materialien. Die "Stadt, Land, Fluss"-Bildkarten des Wiener Bildungsservers lassen sich beispielsweise zu einer eigenen kleinen Welt mit Straßen, Kreisverkehren und Verkehrszeichen zusammenbauen und bei Bedarf jederzeit erweitern. Mit einer transparenten Rasterfolie lassen sich zudem herkömmliche Karten mit Cubetto nutzen.

    • Der Bee-Bot ist ein kleiner Roboter in Bienenoptik, der sich mit Hilfe von Tasten programmieren lässt. Mit den vier Pfeiltasten (Vorwärts, Rückwärts, Drehung um 90° nach rechts, Drehung um 90° nach links) ganze Befehlsketten – bis zu 40 Einzelbefehlen – eingegeben werden. Der Be-Bot setzt sich allerdings erst in Bewegung, wenn die [Go]-Taste betätigt wird.

      Der Blue-Bot ist der "große Bruder" des Bee-Bot und unterscheidet sich nicht nur durch die transparente Plastikhülle. Der Blue-Bot verfügt zudem auch über Bluetooth. Dadurch ist es möglich, den transparenten Bienen-Roboter auch via App am Tablet oder via Tactile Reader zu steuern. Außerdem kann der Blue-Bot bis zu 200 aufeinanderfolgende Programmierbefehle erfassen.

      Anders als Cubetto kommen Bee-Bot und Blue-Bot nicht mit Spielmatten. Durch die gleiche Schrittlänge können jedoch für den Cubetto entwickelte Materialien genutzt werden, sowie auf eine Vielzahl von Materialien und Unterrichtsideen im Netz zurück gegriffen werden.

  • Eickelmann, Birgit u. a. (2019): ICILS 2018 Deutschland: Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnern und Schülern im zweiten internationalen Vergleich und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking, https://kw.uni-paderborn.de/fileadmin/fakultaet/Institute/erziehungswissenschaft/Schulpaedagogik/ICILS_2018__Deutschland_Berichtsband.pdf.

    Google (o. J.). Exploring Computational Thinking. Abgerufen 2. Januar 2023, von http://g.co/exploringct - The page has now been removed, but can be found in the “CT overview” tab here. https://web.archive.org/web/20181001115843/https://edu. google.com/resources/programs/exploring-computational-thinking/

    Lodi, Michael (2020). Informatical Thinking. OLYMPIADS IN INFORMATICS, 113–132. https://doi.org/10.15388/ioi.2020.09

    Wing, Jeanette (2017). Computational Thinking’s Influence on Research and Education for All. Italian Journal of Educational Technology1(1). https://ijet.itd.cnr.it/index.php/td/article/view/922/874



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      CC BY SA (4.0)

      Projekt "Digitalisierung in der Oldenburger Lehrerinnen- und Lehrerbildung"
      Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
      Kurs erstellt von Mitarbeitenden des Projektes DiOLL