Modul 07
8. Kollaboration
8.1. Die Bedeutung von Kollaboration im 21. Jahrhundert
Wenn wir die Idee des (gemäßigten) Konstruktivismus ernst nehmen, gehen wir davon aus, das Lernen ein aktiver, individueller Konstruktionsprozess ist,
„in dem Wissensstrukturen verändert, erweitert, vernetzt, hierarchisch geordnet oder neu generiert werden. Entscheidend für verständnisvolles Lernen ist die aktiv mentale Verarbeitung, die sich in der handelnden Auseinandersetzung mit der sozialen und natürlichen Umwelt oder im Umgang mit Symbolsystemen vollzieht.“ (Köller 2008, S. 211)
Lernen ist dementsprechend ein kollaborativer Prozess, der aus Nachfragen, Gesprächen, Unterstützungsleistungen, Zusammenarbeit, Austausch etc. besteht.
In der heutigen Schule jedoch lernen Schülerinnen und Schüler individuell; sie werden individuell geprüft und benotet, Zusammenarbeit in Prüfungen dagegen gilt als Unterschleif, es gilt "survival of the fittest" (und "survival of the best").
"Aber je größer die wechselseitigen Abhängigkeiten in der Welt werden, desto mehr sind wir auf Menschen angewiesen, die gut zusammenarbeiten, die gut verschiedene Stimmen orchestrieren und die sich gut mit anderen als Menschen, als Kollegen oder als Bürger zusammentun können. Auch Innovationen entstehen heute selten als Produkt individueller, isolierter Arbeit, sondern als Ergebnis von mobilisiertem, geteiltem und vernetztem Wissen. Schulen müssen ihre Lernenden auch auf eine Welt vorbereiten, in der Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammenarbeiten, in der verschiedene Ideen, Perspektiven und Werte existieren, so dass Menschen entscheiden müssen, wie sie Vertrauen und Zusammenarbeit über solche Unterschiede hinweg aufbauen. Es ist eine Welt, in der unser Leben von Dingen beeinflusst wird, die nicht an nationalen Grenzen haltmachen." (Schleicher 2017, Position 126-135)
Natürlich ist die Kollaborationsfähigkeit keine Kompetenz, die erst seit der Digitalisierung wichtig ist, aber durch die Digitalisierung hat sie einen besonderen Stellenwert erlangt, da immer mehr Informationen und Produkte von räumlich verteilten (Arbeits- und Lern-)Gemeinschaften erstellt, verarbeitet und ausgetauscht werden. Deshalb widmen wir den letzten Abschnitt dieses Moduls der virtuellen Zusammenarbeit.