Modul 00
Website: | Open E-Learning-Center Niedersachsen (OpenELEC) |
Kurs: | Kompetenzen für das Unterrichten in der digitalen Welt |
Buch: | Modul 00 |
Gedruckt von: | Gast |
Datum: | Montag, 23. Dezember 2024, 04:28 |
Beschreibung
Öffnen Sie hier das erste Modul:
1. Zur Einführung
Inhalte der einzelnen Kapitel:
Corona-Pandemie als Katalysator der digitalen Transformation
Seit mehreren Jahren und insbesondere seit der COVID-19-Pandemie setzt sich das Bildungssystem nachdrücklich mit der Gestaltung bzw. Bewältigung des digitalen Wandels auseinander.
Die Lernumgebung der Zukunft
Betrachten Sie das Bild des historischen Klassenzimmers.Persil Werbung
Sehen Sie sich den folgenden Waschmittel-Werbespot an. Inwiefern spiegelt sich hier Digitalisierung wider? Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.Wie reagiert Gesellschaft auf den Leitmedienwechsel?
Im Zusammenhang mit der Digitalisierung wird oft von einer Digitalen Revolution gesprochen, die auf eine Stufe mit der industriellen Revolution gehoben wird.
1.1. Corona-Pandemie als Katalysator der digitalen Transformation
Seit mehreren Jahren und insbesondere seit der COVID-19-Pandemie setzt sich das Bildungssystem nachdrücklich mit der Gestaltung bzw. Bewältigung des digitalen Wandels auseinander. Die Diskussion, welche Mittel und Wege dabei als vielversprechend gelten – bzw. worin digitale Transformation im Bildungskontext überhaupt besteht – erfolgt jedoch divers und ist von pädagogischen, didaktischen und medientheoretischen Gegensätzen geprägt, in deren Spannungsfeldern sich Lehrer*innen positionieren und verhalten müssen.
Die COVID-19-Pandemie wirkt auf diese Spannungsfelder wie ein Katalysator: In kurzer Zeit wurde unübersehbar, wie unvorbereitet eine Schulkultur, die sich nach wie vor an den Regeln des Buchdruckzeitalters orientiert, auf die Anforderungen der Digitalisierung bzw. der Digitalität im Allgemeinen und für den digitalen Fernunterricht im Speziellen ist. Die vorherrschende Vorstellung von erfolgreichem Lehren und Lernen war an Präsenz geknüpft, auf einen ausschließlich oder zum Teil digitalen Unterricht war das Schulsystem nicht vorbereitet.
Ein neuralgischer Punkt und ein Grund für die viele Kritik am „Notfallfernunterricht“ ( Döbeli-Honegger 2020 ) waren und sind hierbei auch mangelnde digitale Kompetenzen bei vielen Lehrenden.
Wir hoffen, dass Sie sich nach diesem Kurs das notwendige Wissen und die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten soweit angeeignet haben, um mit solchen und anderen Herausforderungen agil umgehen zu können. Wir jedenfalls sind zuversichtlich!
1.2. Die Lernumgebung der Zukunft
Betrachten Sie das Bild des historischen Klassenzimmers. Wie stellen Sie sich eine zeitgemäße Lernumgebung unter den Bedingungen der Digitalisierung vor? Zeichnen Sie ein (ggf. beschriftetes) Bild (analog und eingescannt oder digital) und teilen Sie es mit Ihrer Lerngruppe.
1.3. Persil Werbung
Sehen Sie sich den folgenden Waschmittel-Werbespot an. Inwiefern spiegelt sich hier Digitalisierung wider?
1.4. Wie reagiert Gesellschaft auf den Leitmedienwechsel?
Im Zusammenhang mit der Digitalisierung wird oft von einer Digitalen Revolution gesprochen, die auf eine Stufe mit der industriellen Revolution gehoben wird und mit fundamentalen Auswirkungen auf die Gesellschaft einhergeht. Der Kulturtheoretiker Dirk Baecker bringt dies in den Zusammenhang mit einem Leitmedienwechsel.
Doch wie reagiert die Gesellschaft auf diese Leitmedienwechsel? Nicht immer fallen Reaktionen auf neue Medien positiv aus. Drei skeptische Reaktionen aus Vergangenheit und Gegenwart:
Neues Medium "Schrift"
Der Anfang des Phaidros in der ältesten erhaltenen mittelalterlichen Handschrift, dem 895 geschriebenen Codex Clarkianus (Oxford, Bodleian Library, Clarke 39)
Neues Medium "Buch"
Auguste Toulmouche (1877) - Dolce far niente
Neues Medium "Radio & Kino"
Egon Friedell
2. Bildung unter den Bedingungen der Digitalisierung
Überblick über die Kapitel:
Anforderungen in einer digitalisierten Welt
Kompetenzen in einer digitalisierten Welt
Kompetenzmodell I (Baacke 1973)
Kompetenzmodell II (KMK 2016)
21st Century Skills
Perspektiven digitaler Bildung
Wie reagiert Schule?
2.1. Anforderungen in einer digitalisierten Welt
Es wird Sie nicht überraschen... aber die Digitalisierung hat natürlich auch auf die Bildung und deren Institutionen fundamentalen Einfluss.
In diesem Kapitel wollen wir uns mit digitaler Bildung bzw. Bildung in einer digitalisierten Welt beschäftigen. Lassen Sie uns mit einem kleinen Quiz beginnen: Raten Sie, aus welchem Jahrzehnt die folgenden beiden Zitate jeweils stammen.
2.2. Kompetenzen in einer digitalisierten Welt
Dem Kompetenzbegriff kommt spätestens seit der ersten PISA-Studie eine fundamental wichtige Rolle zu. Letztlich hat er dafür gesorgt, dass die Bildungslandschaft nicht mehr input-, sondern outputorientiert ausgerichtet ist.
Schule soll heute in erster Linie nicht mehr im Sinne des Nürnberger Trichters möglichst viel lernbares Wissen vermitteln, sondern Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, individuelle Kompetenzen aufzubauen.
Die verbreitetste Definition des Kompetenzbegriffs stammt vom Kognitionspsychologen und Bildungsforscher Franz E. Weinert:
aus: Weinert, Franz E. (2001): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Franz E. Weinert (Hrsg.): Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S. 17–31; hier: S. 27f.
Weinerts Definiton geht zurück auf den Kompetenzbegriff der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Schon seit langem nimmt sie Bildung und Lernen in den Blick (Bsp.: Die OECD ist u.a. verantwortlich für die PISA-Studien). Zuletzt 2018 veröffentlichte sie ein neues, detailliertes und zukunftsorientiertes Konzept von Lernen im 21. Jahrhundert:
Bildquelle: OECD 2018: The Future of Education and Skills. Education 2030, S. 4.
"The concept of competency implies more than just the acquisition of knowledge and skills; it involves the mobilisation of knowledge, skills, attitudes and values to meet complex demands. Future-ready students will need both broad and specialised knowledge. Disciplinary knowledge will continue to be important, as the raw material from which new knowledge is developed, together with the capacity to think across the boundaries of disciplines and “connect the dots”. Epistemic knowledge, or knowledge about the disciplines, such as knowing how to think like a mathematician, historian or scientist, will also be significant, enabling students to extend their disciplinary knowledge. Procedural knowledge is acquired by understanding how something is done or made – the series of steps or actions taken to accomplish a goal. Some procedural knowledge is domain-specific, some transferable across domains. It typically develops through practical problem-solving, such as through design thinking and systems thinking.
Students will need to apply their knowledge in unknown and evolving circumstances. For this, they will need a broad range of skills, including cognitive and meta-cognitive skills (e.g. critical thinking, creative thinking, learning to learn and self-regulation); social and emotional skills (e.g. empathy, self-efficacy and collaboration); and practical and physical skills (e.g. using new information and communication technology devices).
The use of this broader range of knowledge and skills will be mediated by attitudes and values (e.g. motivation, trust, respect for diversity and virtue). The attitudes and values can be observed at personal, local, societal and global levels. While human life is enriched by the diversity of values and attitudes arising from different cultural perspectives and personality traits, there are some human values (e.g. respect for life and human dignity, and respect for the environment, to name two) that cannot be compromised."
OECD 2018: The Future of Education and Skills. Education 2030.
2.3. Kompetenzmodell I (Baacke 1973)
Obwohl die Frage "Wie kommt das Digitale in die Schule?" nicht neu ist und obwohl die Welt immer globalisierter, vernetzter und digitaler wird, öffnet sich das Bildungssystem eher zögerlich den damit verbundenen Konsequenzen für Lehren und Lernen. Zumindest der Ruf nach Medienkompetenz bestimmt seit einiger Zeit die deutschen Lehrpläne.
Die Ursprünge des Medienkompetenzbegriffs orientieren sich freilich nicht an Weinert, sondern sind bedeutend älter: Bereits in den 1970er Jahren wurde im Zusammenhang mit sozial- und sprachwissenschaftlichen Diskussionen um Chomsky und Habermas die 'kommunikative Kompetenz' als Basisqualifikation für kommunikatives Verhalten, also die Fähigkeit des Menschen zu sprechen, zu interagieren und zu kommunizieren, verstanden.
Der Erziehungswissenschaftler Dieter Baacke ist 1973 der erste, der die kommunikative Kompetenz in medienpädagogische Zusammenhänge rückt, indem er Medienkompetenz "als systemische Ausdifferenzierung von kommunikativer Kompetenz versteht, weil erstere die permanenten Veränderungen der Kommunikationsstrukturen durch 'technisch-industrielle Vorkehrungen und Erweiterungen' betont, in denen wir uns kommunikativ-handelnd auch mit Medien ausdrücken (müssen)." (Hugger 2008, S. 93f.)
Baacke führt vier Dimensionen der Medienkompetenz an:
MedienkritikMedienkundeMediennutzungMediengestaltungWas er darunter versteht, lassen wir uns am besten von Dieter Baacke selbst erklären:
Dieter Baacke über Medienkompetenz from jff_de on Vimeo.
2.4. Kompetenzmodell II (KMK 2016)
2016 reagierte auch die Kultusministerkonferenz (KMK) auf die digitale Revolution, indem sie mit ihrer Strategieschrift Bildung in der digitalen Welt eine Agenda veröffentlichte, die die Bildung deutschlandweit und bundeslandübergreifend verbindlich prägen soll.
Die KMK beschreibt dabei sechs Kompetenzbereiche, die dem Ziel dienen sollen, "dass jedes einzelne Fach mit seinen spezifischen Zugängen zur digitalen Welt seinen Beitrag für die Entwicklung der in dem nachfolgenden Kompetenzrahmen formulierten Anforderungen leistet." (KMK 2016, S. 13)
1. Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren
1.1. SUCHEN UND FILTERN
- Arbeits- und Suchinteressen klären und festlegen
- Suchstrategien nutzen und weiterentwickeln
- In verschiedenen digitalen Umgebungen suchen
- Relevante Quellen identifizieren und zusammenführen
1.2. AUSWERTEN UND BEWERTEN
- Informationen und Daten analysieren, interpretieren und kritisch bewerten
- Informationsquellen analysieren und kritisch bewerten
1.3. SPEICHERN UND ABRUFEN
- Informationen und Daten sicher speichern, wiederfinden und von verschiedenen Orten abrufen
- Informationen und Daten zusammenfassen, organisieren und strukturiert aufbewahren
2. Kommunizieren und Kooperieren
2.1 INTERAGIEREN
- Mit Hilfe verschiedener digitaler Kommunikationsmöglichkeiten kommunizieren
- Digitale Kommunikationsmöglichkeiten zielgerichtet- und situationsgerecht auswählen
2.2 TEILEN
- Dateien, Informationen und Links teilen
- Referenzierungspraxis beherrschen (Quellenangaben)
2.3 ZUSAMMENARBEITEN
- Digitale Werkzeuge für die Zusammenarbeit bei der Zusammenführung von Informationen, Daten und Ressourcen nutzen
- Digitale Werkzeuge bei der gemeinsamen Erarbeitung von Dokumenten nutzen
2.4 UMGANGSREGELN KENNEN UND EINHALTEN (NETIQUETTE)
- Verhaltensregeln bei digitaler Interaktion und Kooperation kennen und anwenden
- Kommunikation der jeweiligen Umgebung anpassen
- Ethische Prinzipien bei der Kommunikation kennen und berücksichtigen
- Kulturelle Vielfalt in digitalen Umgebungen berücksichtigen
2.5 AN DER GESELLSCHAFT AKTIV TEILHABEN
- Öffentliche und private Dienste nutzen
- Medienerfahrungen weitergeben und in kommunikative Prozesse einbringen
- Als selbstbestimmter Bürger aktiv an der Gesellschaft teilhaben
3. Produzieren und Präsentieren
3.1. ENTWICKELN UND PRODUZIEREN
- Mehrere technische Bearbeitungswerkzeuge kennen und anwenden
- Eine Produktion planen und in verschiedenen Formaten gestalten, präsentieren, veröffentlichen oder teilen
3.2. WEITERVERARBEITEN UND INTEGRIEREN
- Inhalte in verschiedenen Formaten bearbeiten, zusammenführen, präsentieren und veröffentlichen oder teilen
- Informationen, Inhalte und vorhandene digitale Produkte weiterverarbeiten und in bestehendes Wissen integrieren
3.3. RECHTLICHE VORGABEN BEACHTEN
- Bedeutung von Urheberrecht und geistigem Eigentum kennen
- Urheber- und Nutzungsrechte (Lizenzen) bei eigenen und fremden Werken berücksichtigen
- Persönlichkeitsrechte beachten
4. Schützen und sicher Agieren
4.1. SICHER IN DIGITALEN UMGEBUNGEN AGIEREN
- Risiken und Gefahren in digitalen Umgebungen kennen, reflektieren und berücksichtigen
- Strategien zum Schutz entwickeln und anwenden
4.2. PERSÖNLICHE DATEN UND PRIVATSPHÄRE SCHÜTZEN
- Maßnahmen für Datensicherheit und gegen Datenmissbrauch berücksichtigen
- Privatsphäre in digitalen Umgebungen durch geeignete Maßnahmen schützen
- Sicherheitseinstellungen ständig aktualisieren
- Jugendschutz- und Verbraucherschutzmaßnahmen berücksichtigen
4.3. GESUNDHEIT SCHÜTZEN
- Suchtgefahren vermeiden, sich selbst und andere vor möglichen Gefahren schützen
- Digitale Technologien gesundheitsbewusst nutzen
- Digitale Technologien für soziales Wohlergehen und Eingliederung nutzen
4.4. NATUR UND UMWELT SCHÜTZEN
- Umweltauswirkungen digitaler Technologien berücksichtigen
5. Problemlösen und Handeln
5.1. TECHNISCHE PROBLEME LÖSEN
- Anforderungen an digitale Umgebungen formulieren
- Technische Probleme identifizieren
- Bedarfe für Lösungen ermitteln und Lösungen finden bzw. Lösungsstrategien entwickeln
5.2. WERKZEUGE BEDARFSGERECHT EINSETZEN
- Eine Vielzahl von digitalen Werkzeugen kennen und kreativ anwenden
- Anforderungen an digitale Werkzeuge formulieren
- Passende Werkzeuge zur Lösung identifizieren
- Digitale Umgebungen und Werkzeuge zum persönlichen Gebrauch anpassen
5.3. EIGENE DEFIZITE ERMITTELN UND NACH LÖSUNGEN SUCHEN
- Eigene Defizite bei der Nutzung digitaler Werkzeuge erkennen und Strategien zur Beseitigung entwickeln
- Eigene Strategien zur Problemlösung mit anderen teilen
5.4. DIGITALE WERKZEUGE UND MEDIEN ZUM LERNEN, ARBEITEN UND PROBLEMLÖSEN NUTZEN
- Effektive digitale Lernmöglichkeiten finden, bewerten und nutzen
- Persönliches System von vernetzten digitalen Lernressourcen selbst organisieren können
5.5. ALGORITHMEN ERKENNEN UND FORMULIEREN
- Funktionsweisen und grundlegende Prinzipien der digitalen Welt kennen und verstehen
- Algorithmische Strukturen in genutzten digitalen Tools erkennen und formulieren
- Eine strukturierte, algorithmische Sequenz zur Lösung eines Problems planen und verwenden
6. Analysieren und Reflektieren
6.1. MEDIEN ANALYSIEREN UND BEWERTEN
- Gestaltungsmittel von digitalen Medienangeboten kennen und bewerten
- Interessengeleitete Setzung, Verbreitung und Dominanz von Themen in digitalen Umgebungen erkennen und beurteilen
- Wirkungen von Medien in der digitalen Welt (z. B. mediale Konstrukte, Stars, Idole, Computerspiele, mediale Gewaltdarstellungen) analysieren und konstruktiv damit umgehen
6.2. MEDIEN IN DER DIGITALEN WELT VERSTEHEN UND REFLEKTIEREN
- Vielfalt der digitalen Medienlandschaft kennen
- Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und ggf. modifizieren
- Vorteile und Risiken von Geschäftsaktivitäten und Services im Internet analysieren und beurteilen
- Wirtschaftliche Bedeutung der digitalen Medien und digitaler Technologien kennen und sie für eigene Geschäftsideen nutzen
- Die Bedeutung von digitalen Medien für die politische Meinungsbildung und Entscheidungsfindung kennen und nutzen
- Potenziale der Digitalisierung im Sinne sozialer Integration und sozialer Teilhabe erkennen, analysieren und reflektieren
Auf der Basis der KMK 2016 haben viele Bundesländer eigene Modelle entwickelt, die an das jeweilige Fächerspektrum angepasst wurden.
Für Niedersachsen hat dies das NLQ vorgenommen. Sie finden den "Orientierungsrahmen Medienbildung" hier.
2.5. 21st Century Skills
Auf der re:publica, einer Konferenz rund um alle Themen zur Digitalisierung, hielt im Jahr 2013 der Bildungsforscher Andreas Schleicher einen viel beachteten Vortrag zu den Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert wichtig sind und werden.
Viel Spaß beim Ansehen und Nachdenken.
(CC BY-SA 3.0 DE)
2.6. Perspektiven digitaler Bildung
Wir hoffen, dass wir bis hierhin deutlich machen konnten, dass Bildung in der digitalen, vernetzten Welt aus verschiedenen Dimensionen betrachtet werden muss.
Vor diesem Hintergrund verabschiedeten 2016 Vertreterinnen und Vertreter aus Medienpädagogik, Informatik und Wirtschaft die sog. Dagstuhl-Erklärung. Nach dieser sollte die digitale, vernetze Welt aus technologischer, gesellschaftlich-kultureller und anwendungsbezogener Perspektive in den Blick genommen werden. Eine grundlegende Forderung der Erklärung ist, dass sich Schülerinnen und Schüler grundlegende Konzepte und Kompetenzen für die Orientierung in der digitalen vernetzten Welt nicht nur in einem eigenständigen Lernbereich, sondern darüber hinaus auch in allen anderen schulischen Fächern aneignen sollten.
Was es mit diesen Perspektiven auf sich hat, lassen wir uns am Besten von Ira Diethelm erklären, die selbst an der Erstellung der Erklärung beteiligt war.
Beispiel: Suchmaschinen
Technologische Perspektive
- Wie arbeitet eine Suchmaschine überhaupt?
- Wie kann die Suchmaschine in einer Sekunde Millionen von Treffern liefern?
- Welche Treffer werden eigentlich zuerst aufgelistet und welche Prinzipien finden dabei Anwendung?
Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive
- Woher weiss ich, dass die gelieferten Treffer nicht durch den Betreiber vorgefiltert sind?
- Warum bieten Suchmaschinen ihre Dienste kostenlos an?
- Warum sehe ich auf einmal Werbung zu kürzlich gesuchten Dingen auf anderen Webseiten?
- Will ich, dass andere wissen was ich suche?
Anwendungsorientierte Perspektive
- Welche Suchmaschinen gibt es?
- Was sind gute Suchbegriffe?
- Wie kann ich nach Bildern mit bestimmter Lizenz suchen?
(Autor: Beat Döbeli Honegger, online abrufbar unter: http://wiki.doebe.li/Dagstuhl/BeispielSuchmaschine)
---------------------------------------------------------------------------
Die Perspektiven selbst einnehmen:
Wählen Sie einen digitalen Gegenstand oder ein Phänomen bzw. eine Situation der digitalen Welt mit Verbindung zu Ihren Fachgebieten aus und stellen Sie aus jeder Perspektive eine geeignete Frage. Posten Sie Ihren Gegenstand/Ihr Phänomen oder Ihre Situation sowie Ihre Fragen und tauschen Sie sich mit Ihren Kommiliton:innen aus.
2.7. Wie reagiert Schule?
Der Schweizer Informatikdidaktiker Beat Döbeli Honegger hat in der bildungspolitischen Diskussion über die Digitalisierung und den damit einhergehenden Leitmedienwechsel eine große Bandbreite an Meinungen und Reaktionen identifiziert (vgl. Abbildung). Nach wie vor gibt es gerade im schulischen Kontext einige Stimmen, die den durch die Digitalisierung eingeleiteten Entwicklungen ablehnend gegenüberstehen und diesen gegensteuern möchten. Andere wiederum ignorieren den Leitmedienwechsel, indem sie auf diesen gar nicht erst reagieren (wollen). Eine weitaus größere Gruppe ist der Meinung, dass Schule und Unterricht modernisiert werden muss, etwa indem Digitalisierung in einem eigenen Fach unterrichtet werden oder integrativer Bestandteil aller Unterrichtsfächer sein soll. Extremeren Positionen geht die Modernisierung von Unterricht nicht weit genug, sie fordern mit der Abschaffung von Unterrichtsfächern eine Revolution des Schulwesens. Die radikalsten posthumanistischen Positionen fordern gar die Abschaffung von Schule und stellen angesichts der Fortschritte der künstlichen Intelligenz die Notwendigkeit von Bildung ganz in Frage. An deren Stelle solle die Organisation des Zusammenlebens mit intelligenten Robotern stehen (vgl. Döbeli-Honegger 2016, S. 37ff.)
-----------------------------------------------------------------------
Welche Reaktion ist Ihnen am sympathischsten? Positionieren Sie sich!
3. Abschluss
Super, Sie haben MODUL 00 erfolgreich abgeschlossen!