Modul 11
Website: | Open E-Learning-Center Niedersachsen (OpenELEC) |
Kurs: | Kompetenzen für das Unterrichten in der digitalen Welt |
Buch: | Modul 11 |
Gedruckt von: | Gast |
Datum: | Montag, 23. Dezember 2024, 05:02 |
1. Urteile über (den Einsatz) digitale(r) Medien im Unterricht - wahr oder falsch?
Überblick über die Kapitel:
Eine Ausgangsthese
1.1. Eine Ausgangsthese
Anmerkung: Folgen Sie in diesem Kapitel nicht der Chronologie der Seiten, sondern den Pfaden, die Ihnen die jeweiligen Thesen und Aussagen anbieten und die Sie jeweils am Ende der Seiten finden.
Um die Grenzen digitaler Medien kennenzulernen, eignet sich in der Regel ein Gespräch mit Menschen, die schon länger Kinder, Jugendliche bzw. Erwachsene unterrichten.
Manche reagieren auf die Frage nach der Bedeutung digitaler Medien für Ihren Fachunterricht mit Skepsis, denn häufig wird der Einsatz digitaler Medien mit einem erhöhten Arbeits- und Zeitaufwand verbunden, der sich auch tatsächlich lohnen müsse. Dahinter steckt der Gedanke, dass der Einsatz digitaler Medien gegenüber den traditionellen und bewährten Medien einen Mehrwert bieten müsse.
Wie ist Ihre Meinung zum Mehrwert digitaler Medien? Welchen Aussagen würden Sie spontan zustimmen?
Klicken Sie auf die Aussage, der Sie am ehesten zustimmen.
1.2. Was ist der Mehrwert digitaler Medien?
Ok, Sie möchten also der Auffassung folgen, dass digitale Medien den nicht-digitalen Medien überlegen sein müssen, da sich sonst Ihr Einsatz und der mit ihm verbundene Aufwand nicht lohnt. Im Digitalisierungsdiskurs spricht man in diesem Fall vom Mehrwert eines Mediums.
Baumgartner und Herber (2013) definieren den Mehrwert digitaler (= hier interaktiver) Medien wie folgt:
"Der didaktische Mehrwert entsteht [...] erst dann, wenn sich aus der Interaktion mit dem Medium ein Lerneffekt bei den Lernenden ergibt, der dem gegenüber einer Situation ohne Nutzung dieser Medien überlegen ist. [...]
Dem Medium selbst kommt bei der Generierung des didaktischen Mehrwerts nur eine vermittelnde Rolle zu: Das Medium besitzt Funktionen, die von den Lernenden genutzt werden können, um den didaktischen Mehrwert zu generieren. Diese Funktionen besitzen nicht von sich aus eine didaktische Qualität [...], sie können sich allerdings zu einer Funktion mit didaktischen Qualitäten entwickeln, indem sie in einem didaktischen Setting Anwendung finden und den Lernerfolg fördern. [...]
PädagogInnen kommen bei der Erzielung des didaktischen Mehrwerts zwei wesentliche Rollen zu:
1. In der Vorbereitung (didaktischen Planung) entwickeln sie eine Konzeption, die bestimmte technische Potenziale der interaktiven Medien in ein didaktisches Setting integrieren. Sie achten dabei insbesondere auf Möglichkeiten, die Qualität des Lernprozesses zu erhöhen, wie es ohne interaktive Medien nicht, oder nicht in der gleichen effektiven Weise, realisiert werden hätte können. [...]"
(Baumgarnter/Herber 2013, S. 5)
Ordnen Sie per Drag & Drop und mit Hilfe des Zitats die Begriffe den Lücken so zu, dass sich ein sinnvolles Modell für den Mehrwert digitaler Medien ergibt.
Eine Lösung sehen Sie auf der nächsten Seite.
1.3. Was ist der Mehrwert digitaler Medien? - Teil II
Lösung von der vorherigen Seite:
Baumgartner, Peter und Erich Herber. 2013. Höhere Lernqualität durch interaktive Medien? – Eine kritische Reflexion. Erziehung & Unterricht, Nr. 3-4. Rahmenbedingungen für einen qualitätsvollen Unterricht: 327–335, hier: S. 5.
Das Modell von Baumgartner und Herber zeigt deutlich, dass mit dem Einsatz von digitalen Medien nur dann ein Mehrwert erreicht wird, wenn er sich positiv auf den individuellen Lerneffekt auswirkt.
Und wenn der Mehrwert nicht unmittelbar zu erkennen ist, reagieren manche äußerst skeptisch auf den Einsatz digitaler Medien bzw. auf die Auswirkungen, die Digitalisierung auf den Unterricht hat.
Diese Skepsis hat die Kraft, Umwälzungen zu verzögern, wenn nicht gar zu verhindern (wie Sie in folgendem Video – diesmal geht es nicht um die Erfindung des Rads – sehen können):
Videoquelle: focus group situation in the stone age, agency: draft fcb hamburg, production: jo!schmid, director: silvio helbig, producer: juergen joppen, service production: the shooting gallery sa
Lassen Sie uns (trotzdem) vor diesem Hintergrund folgende These aufstellen:
Reflektieren Sie diese These und entscheiden Sie sich dann, welcher Aussagen Sie eher zustimmen würden.
Klicken Sie auf die Aussage, der Sie am ehesten zustimmen.
1.4. Pädagogik vor Technik?
"Digitalisierung gehört heute mehr denn je zum Leben. Eine Schule, die sich der damit verbundenen erzieherischen Aufgaben verschließt, würde ihrem Bildungsauftrag nicht gerecht werden. Dieser beinhaltet aber immer auch, Möglichkeiten und Grenzen aufzuzeigen und zum Wohl der Kinder und Jugendlichen Entscheidungen zu treffen. Digitalisierung um der Digitalisierung willen läuft diesem Wohl zuwider, weil sie blind dem Diktat der Technik folgt und dabei den Menschen mit seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten vergisst. [...]
Digitalisierung ist also für eine zukunftsfähige Schule wichtig. Sie ist aber nicht der Heilsbringer für alle pädagogischen Herausforderungen. Der Ort der Bildung ist nicht das Medium, ebenso wenig wie es die Struktur ist. Vielmehr ist er in der Begegnung von Mensch zu Mensch zu sehen. Bildung bleibt im Wesentlichen eine Frage der gelingenden Interaktion zwischen Menschen. Technik ist in diese Interaktion sinnvoll zu integrieren und den Menschen unterzuordnen. Also: Pädagogik vor Technik!"
(Zierer 2017, S. 10)
Der Grundsatz "Pädagogik vor Technik" lässt sich auf mindestens drei verschiedene Weisen verstehen.
Welche Aussage entspricht am ehesten Ihrem Verständnis? Klicken Sie auf das entsprechende Textfeld.
Ich verstehe den Grundsatz "Pädagogik vor Technik" vollkommen anders.
Die Art der Navigation durch dieses Modul hat ein Problem, das mit dem Begriff des Confirmation-Bias gut beschrieben ist:
"Der Begriff Bestätigungsfehler, Bestätigungs-Irrtum, Bestätigungstendenz bzw. confirmation bias bezeichnet in der Kognitionspsychologie die Neigung von Menschen, Informationen so auszuwählen, zu suchen und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen bestätigen. Dabei werden Informationen ausgeblendet, die eigene Erwartungen widerlegen könnten, sodass man einer Selbsttäuschung oder einem Selbstbetrug erliegt. Dieser Confirmation Bias bewirkt etwa bei Entscheidungen, dass man nur nach jenen Gründen sucht, die die eigene Entscheidung bestätigen. Der confirmation bias ist ein wesentlicher Aspekt der selektiven Wahrnehmung." (Stangl, 2021).
Sie sollten also nun auch die Position der Mehrwert-Gegner kennenlernen und erfahren, warum die Diskussion um den Mehrwert als das größte Missverständnis in der Diskuission um digitale Medien bezeichnet wird. Klicken Sie auf den Pinguin - auch er wird gleich eine wesentliche Rolle spielen.
1.5. Der Mehrwert digitaler Medien im Blick der Empirie
Wenn (digitale) Medien einen Mehrwert gegenüber anderen (nicht-digitalen) Medien haben, ist anzunehmen, dass sich dieser Mehrwert auch in Leistungstests niederschlägt. Der Mehrwert sollte also empirisch überprüfbar sein.
Im Folgenden stellen wir Ihnen einige ausgewählte Meta-Studien vor, die den Effekt von digitalen Medien auf den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern in den Blick nehmen.
Die Hattie-Studie
Eine der bekanntesten empirischen Studien zur Bildungsforschung stammt vom australischen Bildungswissenschaftler John Hattie. Dieser untersuchte 2013 in einer Meta-Meta-Studie (d.h. die Synthese von ca. 800 Meta-Analysen, die wiederum auf insgesamt ca. 50.000 Studien und Daten von ca. 250 Mio. Lernenden zurückgreifen (vgl. Hattie 2013, S. XI) )den Einfluss unterschiedlicher Domänen, Faktoren bzw. Merkmale auf den kognitiven Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern.
Für den Einsatz von Computern im Unterricht, webbasiertes Lernen und interaktive Lernvideos zeichnet Hattie allerdings ein wahrlich ernüchterndes Bild: Insgesamt ergaben sich allenfalls kleine bzw. mittlere Effekte des Technikeinsatzes in der Schule (Zur Einordnung der Effektgrößen bitte hier entlang).