Für den Transfer von gefundenen Lösungen gibt es kein Patentrezept, was immer passt. Aber es gibt Handlungsroutinen, die sich erlernen und dann je nach Situation auswählen und anwenden lassen.


0. Verstehen

Verstehen ist eigentlich noch keine Handlungsroutine, sondern eine Grundlage, die alles andere einfacher macht. In unserem Zusammenhang meint Verstehen, dass Du über ein technisches Basiswissen verfügst, mit dem Du Informationen für Dich einordnen kannst.

Ob Du über technisches Basiswissen verfügst, kannst Du leicht überprüfen. Nehmen wir an, dass Dir eine Kollegin diese Frage stellt:

Findest Du die Serverkapazitäten für unser Big Blue Button an der Schule eigentlich ausreichend oder würdest Du mich dabei unterstützen, den Provider zu wechseln?

Wenn Du die Frage verstehst, kannst Du die folgenden Definitionen überspringen. Wenn nicht, dann lies sie Dir in Ruhe durch:


Alles klar? Dann verstehst Du jetzt besser, was die Kollegin fragte!


1. Ausprobieren

Während Verstehen eher Grundlage als Handlungsroutine war, kommen wir nun mit dem Ausprobieren zur ersten Handlungsroutine, die in vielen Fällen hilft. Was ist damit genau gemeint?

Nehmen wir an, Du willst einen interaktiven Inhalt mit einem Dir noch unbekannten Tool erstellen. Auf der Website ist aber leider gar nichts erklärt. Du kannst nun aufgeben - oder einfach mal irgendetwas eingeben und sehen, was passiert. (Negativ formuliert ist die Handlungsroutine des Ausprobierens damit ‘Rumprobieren ohne wirklich zu verstehen, was man tut’. Positiv formuliert ist es ‘Mutig mit unterschiedlichen Möglichkeiten experimentieren’.)

Um die Handlungsroutine des Ausprobierens erfolgreich anzuwenden, solltest Du verinnerlichen, dass Du in den seltensten Fällen technisch tatsächlich etwas kaputt machen kannst. Es schadet deshalb nicht, etwas einzugeben und einfach mal zu versuchen.


Praktisch kann das Ausprobieren unterschiedliche Formen annehmen:

  • Du kannst - wie oben beschrieben - einfach mal etwas testweise versuchen: eine Eingabe machen, einen Button klicken …
  • Du kannst etwas Schritt für Schritt kopieren/ nachmachen, auch wenn du dabei nicht unbedingt verstehst, was Du gerade tust.
  • Du kannst von etwas Fertigem ausgehen und dieses Schritt für Schritt umzugestalten versuchen.


Bei allen Varianten gilt immer:

Freue Dich über Fehler und lerne aus ihnen.


2. Suchergebnisse einordnen

Das Internet ist toll, weil es dort garantiert auf jede Frage eine Antwort gibt. Über die Herausforderung, diese Antwort auch zu finden, haben wir in der vorherigen Einheit schon einiges gelernt. Außerdem gibt es die weitere Herausforderung, dass es oft nicht nur eine Antwort auf eine Frage gibt, sondern sehr, sehr viele.


Zusatzmaterial Video: “Die Umkehrung der Vorzeichen: Warum wir lernen müssen, mit Überfluss statt mit Mangel zu gestalten”



Um die für sich passende Antwort auszuwählen, ist es deshalb wichtig, erhaltene Suchergebnisse für sich einzuordnen. Folgende Aspekte können dabei hilfreich sein:

  • Datum: Das Internet vergisst nicht. Und Du findest deshalb im Netz auch jede Menge Inhalte, die schon vor ein paar Jahren erstellt wurden. Das ist oft kein Problem, weil sie immer noch aktuell sind. Wenn es sich aber z.B. um ein Tutorial zu einer Software handelt, die seitdem mehrere Aktualisierungen durchlaufen hat, dann hilft Dir das nur bedingt. Du solltest es Dir deshalb immer zur Gewohnheit machen, kurz auf das Datum der Veröffentlichung zu schauen, bevor Du Dich näher mit dem Inhalt auseinander setzt.
  • Perspektive: Genau so wie wir Schüler*innen beibringen, Fake-News zu erkennen und dazu darauf zu achten, wer im Netz etwas mit welchem Interesse kommuniziert, sollten wir auch für uns gefundene Inhalte kontextualisieren. Dazu genügt es, uns die Frage zu stellen, wer einen Inhalt zur Verfügung stellt: Eine Lehrperson, die über ein Tool berichtet, wird das sehr wahrscheinlich mit einer anderen Perspektive tun, als eine Programmiererin, die das Tool weiter entwickelt Beide Perspektiven können mir helfen, um das Tool zu verstehen und selbst zu nutzen. Nötig ist es dazu aber zu wissen, wer jeweils kommuniziert.
  • Kommentare: Sehr oft gibt es nicht nur einen veröffentlichten Inhalt zu einem bestimmten Thema, sondern auch jede Menge Kommentare dazu. Und oft finden wir Antworten auf unsere Fragen gar nicht im Inhalt selbst, sondern in den Kommentaren. Deshalb lohnt es sich, diese mit anzusehen und sich nicht nur auf den eigentlichen Inhalt zu beschränken.
  • Erfahrung: Wer oft im Netz nach Antworten recherchiert, wird sich bald immer besser zurechtfinden. Es gibt dann bekannte Seiten, auf denen man oft schon fündig wurde. Wer dann einen Treffer von dieser Website angezeigt bekommt, wird diesen direkt auswählen können - oder auch direkt auf dieser Website mit der Suche beginnen.
  • Sprache: Wer mit deutschsprachigen Suchbegriffe keine zufriedenstellenden Ergebnisse findet, kann es mit englischsprachigen Suchbegriffen versuchen. Gerade bei technischen Schwierigkeiten, gibt es dann meist sehr viel bessere Lösungen. Man steht dann zwar vor der Hürde, die englischsprachige Antwort zu versehen. Hier können aber Übersetzungsprogramme helfen.


3. Nachfragen

Die dritte Handlungsstrategie gilt wahrscheinlich nicht nur für das Lehren und Lernen in einer Kultur der Digitalität, sondern auch in vielen anderen Lebensbereichen: Wenn Du nicht weiterkommst, dann lass Dir helfen!
In der nächsten Lerneinheit werden wir hierzu in Hinblick auf Kollaboration noch einiges mehr lernen. Hier geht es erst einmal nur um die Ebene der Anwendung deiner Internetsuche, Wenn Du dabei nicht weiterkommst, dann ist es oft sehr einfach, Dir helfen zu lassen. Beispielsweise kannst Du nicht nur - wie oben beschrieben - Kommentare lesen, sondern auch selbst welche schreiben. Oft ist auch eine Kontaktmöglichkeit angegeben. Ein weiterer Weg führt über Foren, was Du in unserem Kursforum direkt ausprobieren kannst. Diese Wege kannst Du nutzen, um Deine Frage zu stellen.


Bitte beachte dabei: Menschen helfen anderen Menschen sehr gerne - und das gilt für die offene Netz-Community vielleicht sogar nochmals mehr. Nicht angemessen ist aber eine passive Komsument*innen-Haltung im Sinne von ‘Kannst Du das mal für mich reparieren?’ Gerade wenn ein bestimmtes Tool oder eine Plattform weitgehend ehrenamtlich zur Verfügung gestellt wird, erwarten die Betreiber*innen von Dir, dass Du mitdenkst und mitmachst - und Dich nicht einfach bedienen lässt.


4. Fehler melden

Manches Mal kannst Du eine Herausforderung nicht selbst lösen (oder denkst zumindest, dass Du sie nicht selbst lösen kannst). Das kann der Fall sein, wenn in einem Tool oder einer Software tatsächlich ein Fehler vorliegt. In diesem Fall stehst Du vor einer doppelten Herausforderung: Du musst herausfinden, wer für etwas verantwortlich ist. Und Du musst eine Fehlermeldung so formulieren, dass die betreffende Person etwas damit anfangen kann.

In Hinblick auf die Verantwortlichkeit gibt es keine allgemeingültige Antwort. In den meisten Fällen gibt es entweder eine Person in Deinem Kollegium oder an der Schule, die dafür verantwortlich ist. Oder es handelt sich um einen externe Dienstleistung, wo auch hier meist eine Person an der Schule in Verantwortung für die Kommunikation ist. Sobald Du das herausgefunden hast, kannst Du Dich an die Formulierung einer Fehlermeldung machen. Hier gilt: Bitte so genau wie möglich! Niemand kann Dir bei einem Fehler helfen oder diesen beheben, wenn Deine Fehlermeldung lautet: Tool xyz funktioniert nicht! Stattdessen solltest Du diese Hinweise zur Formulierung einer Fehlermeldung beachten:

  • Beschreibung: Was genau wolltest Du machen und was genau hat dann nicht funktioniert? (Beispiel: Ich wollte einen Inhalt veröffentlichen, aber sobald ich auf den Button ‘Speichern’ klickte, waren meine Eingaben gelöscht.)
  • Output: Wenn möglich, solltest Du den Fehler nicht nur beschreiben, sondern dokumentieren. Dazu kannst Du zum Beispiel einen Screenshot anfertigen und mit der Fehlermeldung mitsenden. Mindestens solltest Du eine eventuell angezeigte Fehlermeldung genau benennen - auch wenn Du selbst vielleicht nicht verstehst, was sie aussagt.
  • Rahmenbedingungen ergänzen: Bei technischen Fehlern ist es immer hilfreich zu ergänzen, in welchem Setting der Fehler aufgetreten ist. Zu diesem Setting gehört das genutzte Gerät und sein Betriebssystem und bei Online-Tools auch der verwendete Browser (Beispiel: Ich habe auf meinem Windows-Rechner mit dem Browser Chrome gearbeitet.)


5. Joker (Trick 17 nutzen …)

Immer wieder gibt es typische Fehler in Software, die durch einfache Handlungen (Trick 17) bewältigt werden können. Bevor Du entnervt aufgibst, weil etwas nicht funktioniert, versuche es mit den folgenden Dingen:

  • Ausschalten und wieder anschalten: Egal mit welchem Gerät Du arbeitest. Das Aus- und dann wieder Anschalten kann oft Wunder bewirken - und eine zuvor angezeigte Fehlermeldung ist dann weg.
  • Anderen Browser nutzen: Insbesondere der Internet Explorer macht als Browser oft Schwierigkeiten, da er viele Websites nicht korrekt darstellt. Auch aus Datenschutzgründen empfiehlt sich seine Nutzung nicht. Alternativen sind Firefox, Chrome oder Chromium oder Safari. Und zwischen diesen Browsern kannst Du dann wechseln. Wenn also z.B. in Firefox etwas nicht läuft, kannst Du die Website stattdessen mit Chrome öffnen.
  • Erteilte Berechtigungen überprüfen: Manche Tools benötigen eine Freigabe für Audio oder Video von Dir. Das gilt zum Beispiel für Videokonferenzsysteme im Browser. Normalerweise wirst Du beim Öffnen der Seite nach dieser Freigabe gefragt, aber manches Mal hängt etwas oder Du hast es unabsichtlich weggeklickt. Dann hilft es, manuell nachzusehen. Dazu klickst Du in der Adresszeile der URL, die Berechtigungs-Einstellungen an.
  • Ein paar Minuten warten: Manche Websites brauchen Zeit, um zu laden. Wenn Du vorher schon etwas anklickst, kann es sein, dass alles blockiert. Neben ein- und ausschalten kann es hier auch helfen, einfach erst einmal ein paar Minuten zu warten.
  • Cache leeren: Der Cache sind die temporär gespeicherten Daten im Browser. Über die Einstellungen des Browsers kannst Du den Cache leeren. Das hilft manches Mal, wenn zum Beispiel irgendwelche Cookies gesetzt wurden, die die erneute Ausführung der Website nun verhindern.


Manche Menschen machen übrigens auch gute Erfahrungen damit, dass sie dem muckenden Gerät, gut zureden. Auch das kann helfen! Natürlich nicht, weil ein technisches Gerät von gutem Zureden irgendwie anders funktionieren würde, sondern weil Du dadurch selbst ruhiger und entspannter wirst. Und das ist immer hilfreich. Denn auch wenn die Technik eigentlich funktionieren soll, tut sie es manches Mal dann eben doch nicht ...



Die Joker-Hinweise im Sinne eines ‘Trick 17’ stehen hier zwar ganz am Ende der Handlungsroutinen. In der Praxis startest Du aber immer zunächst mit ihnen - bevor Du Dich an den anderen Handlungsroutinen versuchst.