Marie von Ebner-Eschenbach wird der Spruch zugeschrieben, dass Wissen, das einzige Gut sei, dass sich vermehre, wenn man es teile. Das lässt sich auch ganz einfach visualisieren:

Hier ist es sofort einleuchtend, dass materielle Güter wie z.B. Gummibärchen durch Teilen immer weniger werden. Aber warum werden Ideen beim Teilen mehr?

  1. Wenn jede Person aus einer Gruppe etwas beisteuert, dann entsteht im Ergebnis eine ziemlich beeindruckende Sammlung. Mit dem einzelnen Beitrag von sich selbst, wäre man wahrscheinlich noch nicht weit gekommen. Aber in Kombination mit allen anderen Beiträgen lässt sich gut arbeiten.
  2. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Kreativität darin besteht, etwas ganz neu zu erfinden. Stattdessen basieren die meisten Erfindungen der Menschheit darauf, dass etwas Bestehendes angepasst, erweitert oder umgestaltet wurde. Und auch im Kleinen entsteht etwas Neues vor allem dann, wenn bestehende Ideen und Ansätze zusammengebracht werden.
  3. Wer eine Idee teilt, bekommt oft Feedback und Rückmeldungen dazu. Das kann helfen, die Idee besser zu machen und die Umsetzung voranzubringen. Alternativ kann Teilen auch bedeuten, eine Idee ‘freizugeben’, so dass dann andere daran weiter arbeiten können.

Wir können also festhalten: Teilen ist sowohl für einen selbst als auch für alle anderen Beteiligten eine gute Idee. Und in der Bildung kann Teilen dazu beitragen, dass Lehren und Lernen für alle besser wird. Wie aber geht Teilen ganz konkret? Ganz grob lassen sich zwei Varianten unterscheiden.


Variante 1: ‘Einfach so’

Für die erste Variante des Teilens wird nichts weiter benötigt als ein bisschen Offenheit und Mut. Es geht darum, dass man Ideen, Einfälle und Erfahrungen nicht für sich behält, sondern anderen davon erzählt. Dazu kann man verschiedene Wege wählen:

  • Im persönlichen Gespräch mit Kolleg*innen.
  • Über ein soziales Netzwerk wie zum Beispiel Twitter.
  • In Peer-to-Peer Lernkontexten wie z.B. in einer Mikrofortbildung oder bei einem Barcamp.


Variante 2: Mit einer offenen Lizenz

Wenn ich nicht nur über eine Idee oder eine Erfahrung erzähle, sondern ein Material erstelle, dann kommt beim Teilen eine rechtliche Ebene dazu. Denn wenn ich etwas erstelle, dann fällt das Ergebnis unter das Urheberrecht und kann von anderen nicht offen weitergenutzt werden. Das geschieht automatisch - ohne weiteres Zutun von meiner Seite. Wenn ich also etwas Erstelltes offen zur Weiternutzung freigeben möchte, dann muss ich aktiv werden.

Als ‘Lösung’, um bei bestehendem Urheberrecht trotzdem offen Materialien weiternutzen zu können, haben wir bereits offene Lizenzen und Open Educational Resources (OER) kennengelernt. Wenn ich also ein erstelltes Material offen teilen will, dann muss ich es als OER veröffentlichen. Hierbei gibt es 5 Aspekte zu beachten:

Für eine erfolgreiche Freigabe meines Materials muss ich die folgenden fünf Aspekte beachten.


1. Offen lizenzieren:

Unbedingte Grundlage für die Freigabe eines Materials ist die Veröffentlichung unter einer offenen Lizenz. Zu den OER-Lizenzen im engeren Sinne zählen hier die Lizenzen ‘mit Namensnennung’ (= CC BY) sowie ‘mit Namensnennung und unter gleichen Bedingungen weiter nutzen’ (= CC BY SA). Außerdem kann ich mein Material umfassend freigeben. Dann müssen andere gar keinen Lizenzhinweis mehr angeben (= CC0, Public Domain). Diese Lizenzen haben wir bereits in der vorherigen Lerneinheit kennengelernt.
Als Faustregel bei der Auswahl der Lizenz gilt: Wenn es mir wichtig ist, dass mein Name genannt wird, dann CC BY, sonst einfach Public Domain. CC BY SA ist dann nötig, wenn ich Materialien von anderen weiter verwende, die unter CC BY SA veröffentlicht sind.


2. Lizenzhinweise und Credits ergänzen:

Wenn in meinem Material urheberrechtlich geschützte Inhalte enthalten sind, dann steht das im Widerspruch zu einer offenen Lizenzierung. In diesem Fall muss ich diese Inhalte zunächst entfernen oder nach offen lizenzierten Alternativen suchen.
Offen lizenzierte Materialien, die ich im Rahmen meines Materials weiternutze, muss ich mit einem Lizenzhinweis versehen. Dabei hilft mir die TULLU-Regel aus der letzten Lerneinheit.
Ich helfe anderen, wenn ich auch bei gemeinfreien Medien einen kurzen Credit ergänze, woher das Bild stammt. Rechtlich erforderlich ist das nicht.


3. Auffindbar machen:

Eine offene Lizenz allein hilft noch nicht viel, wenn andere mein Material nicht finden und weiter nutzen können. Zwischen meinem Material und den potentiellen Nutzer*innen steht in der Regel eine Suchmaschine. Die Suchmaschine wird mein Material dann als OER erkennen, wenn die Lizenz maschinenlesbar ist. Der sicherste Weg, um eine Maschinenlesbarkeit zu erreichen, ist eine Gestaltung mithilfe des offiziellen Creative Commons Licence Chooser. Dann musst Du Dir auch um die Versionsnummer der Lizenz keine Gedanken machen.


4. Angaben zur Weiternutzung machen:

Wenn ich schon einmal selbst einen Lizenzhinweis geschrieben habe, dann weiß ich, wie hilfreich Angaben zur Weiternutzung innerhalb der Lizenz sind. Diese kann ich im Licence Chooser im Abschnitt ‘Helfen Sie anderen, die Namensnennung korrekt vorzunehmen!’ ganz einfach ergänzen.


5. Offen zur Verfügung stellen:

Mit einer offenen Lizenz allein, ermögliche ich anderen nicht oder nur sehr eingeschränkt eine Weiternutzung meines Materials. Mein Anspruch sollte es sein, Formate zu wählen, die andere einfach verändern und anpassen können. Das funktioniert z.B. bei einfachen Textdokumenten oder auch bei spezifischen OER-Editoren wie zum Beispiel H5P. Grundsätzlich gilt: Je vielfältiger die Formate, desto mehr Menschen können das Material potentiell weiter nutzen.


Auch hier gilt: Das klingt erst einmal nach viel, aber wenn Du erst einmal Dein erstes OER veröffentlicht hast, dann wirst Du darin schnell Routine entwickeln