Einführung von Tabletklassen

Um die nachstehenden Ausführungen nachvollziehen zu können, sind zunächst die Begrifflichkeiten Lernmittel und Lehrmittel zu erörtern.

Lernmittel sind Arbeitsmaterialien, die zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht benötigt werden. Dazu zählen Schulbücher und Lernmaterialien wie z.B. Taschenrechner, Zirkel oder Zeichengeräte. Die Beschaffung von Lernmitteln obliegt gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 NSchG den Erziehungsberechtigten.

Lehrmittel bezeichnen die zur Ausstattung der Schule gehörenden Unterrichtsmittel wie z.B. geographische Karten oder Materialien für den naturwissenschaftlichen Unterricht. Die Ausstattung der Schule obliegt dem Schulträger.

Die in § 32 Abs. 1 Satz 1 NSchG geregelte Eigenverantwortung der Schule umfasst auch die Auswahl hinsichtlich der Methoden und Mittel, mit denen die Bildungsziele erreicht werden sollen. Bzgl. der Unterrichtsgestaltung und des Einsatzes der Lehr- und Lernmittel steht den Schülerinnen und Schülern bzw. den Erziehungsberechtigten kein Mitbestimmungsrecht zu. Vielmehr fallen diese Entscheidungen in das Schulorganisationsrecht des Staates.

Das bedeutet, dass Eltern keine digitale Beschulung einfordern können, wenn für den Jahrgang ihres Kindes keine Anschaffung von digitalen Endgeräten geplant ist. Umgekehrt können Eltern nicht die Analogbeschulung fordern, wenn in der Schule Tablets vorhanden sind, die die Schülerinnen und Schüler nutzen können. Plant die Schule eine Beschulung mit elternfinanzierten Geräten, fällt die Anschaffung von Tablets aktuell nicht unter die Ausstattungspflicht gem. § 71 Abs. 1 S. 1 NSchG, so dass Erziehungsberechtigte nicht verpflichtet werden können, ein Tablet anzuschaffen. Möchten Eltern nicht, dass ihr Kind mit einem Tablet beschult wird, und kann seitens der Schule kein Leihgerät zur Verfügung gestellt werden, muss dieses auf gleich geeignete Weise analog beschult werden. Die Schule muss die Entscheidung der Erziehungsberechtigten, kein elternfinanziertes Tablet anzuschaffen, akzeptieren. Ggf. kann auch die Einrichtung bzw. Weiterführung einer analogen Klasse in Betracht gezogen werden.

Zum rechtskonformen Handeln bei der Einführung von Tablets gehören insbesondere folgende Punkte:

  • Eltern können nicht dazu verpflichtet werden, bestimmte Geräte anzuschaffen.
  • Innerhalb einer Schule kann sich darauf verständigt werden, vorzugsweise Endgeräte bestimmter Marken im Unterricht einsetzen zu wollen.
  • Eine andere Möglichkeit wäre, systemneutrale Mindeststandards zu definieren (z. B. Bildschirmgröße mind. 10“, externe oder integrierte Tastatur, Kopfhörer).
  • Es muss ausgeschlossen sein, dass ein Zugriff auf den privaten Bereich des Tablets erfolgen kann. Dies kann mit einem Mobile Device Management (MDM) erreicht werden.
  • Die Schülerinnen und Schüler bzw. die Erziehungsberechtigten müssen mit dem Einsatz des MDM auf dem privaten Gerät einverstanden sein, denn der damit verbundene „Eingriff“ in das private Eigentum ist nicht von § 31 Abs. 5 i. V. m. § 31 Abs. 1 NSchG gedeckt. Sofern die Schule die Nutzung eines MDM vorgibt und die Erziehungsberechtigten hiermit nicht einverstanden sind, kann das private Gerät im Unterricht nicht genutzt werden.

Derzeit dürfte eine Ausstattung mit Tablets nur durch die Elternfinanzierung gelingen. In jedem Fall sollte die Einbindung der Erziehungsberechtigen von Projektbeginn an höchste Priorität haben. Außerdem bedarf es eines schulweiten Konsenses und entsprechender Beschlüsse aller Gremien wie der Gesamtkonferenz und des Schulvorstands. Allerdings kann eine Ausstattungspflicht der Eltern nicht durch einen Gesamtkonferenzbeschluss der Schule begründet werden.

Sofern für die Beschaffung von Tablets Spenden verwendet werden sollen oder auch Geräte für die schulische Nutzung gespendet werden, sind die Vorgaben zur wirtschaftlichen Betätigung („Wirtschaftliche Betätigung, Werbung, Informationen, Bekanntmachungen und Sammlungen in Schulen sowie Zuwendungen für Schulen“ vom 01.12.2012 – 35.3-81 704 (SVBl. S. 598) und die Richtlinie zur Korruptionsprävention und zur Korruptionsbekämpfung in der Landesverwaltung (Antikorruptionsrichtlinie), Beschl. d. LReg. v. 1.4.2014 (Nds. MBl., S. 330)) zu beachten.

Alle diese Hinweise beziehen sich auf öffentliche Schulen. Schulen in freier Trägerschaft können (direkt bei der Einschulung) über den Schulvertrag verpflichtende elternfinanzierte Tablets einfordern.

Zuletzt geändert: Donnerstag, 18. Juli 2024, 09:32