• 5 Mythen zu Lernen durch Lehren

    • Zum Lernen durch Lehren gibt es viele Mythen, die sich um das Konzept ranken. In den nachfolgenden Videos haben wir uns die fünf häufigsten Mythen vorgenommen und versucht zu widerlegen.

      Mythos 1: Lernen durch Lehren heißt Referate machen lassen!

      Video Mythos 1: Lernen durch Lehren heißt Referate machen lassen stammt aus dem Video Lernen durch Lehren. Ein Impuls von Isabelle Schuhladen von Isabelle Schuhladen und Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Gemeinnützigen Instituts für Berufsbildung (IFB) | Lizenz CC BY 4.0 | Bearbeitung: Kürzung und Aufteilung auf mehrere Videos; neuer Vor- und Abspann
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      Der erste Mythos lautet: „LdL kenne ich schon längst – ich lasse meine Schülerinnen und Schüler Referate machen!“ Diesem Satz begegne ich sehr häufig. Dahinter verbirgt sich ein grundlegender Irrtum: Bei LdL-Stunden geht es nicht, wie bei Referaten, darum, mein Publikum über ein bestimmtes Thema zu informieren. Vielmehr ist es das Ziel der Schülerinnen und Schüler, die eine LdL-Stunde halten, der Klasse etwas beizubringen.

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      Das heißt, sie sollen den Stoff didaktisieren. Wie bitte? Di-dak-ti-sie-ren ist doch die Aufgabe der Lehrkraft! Ja, und ihr wisst, wie viel Zeit wir damit verbringen! Und dass die Aufgaben dahinter viel komplexer sind als bei Referaten.

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      Wie sehen nun die konkreten Schritte der Didaktisierung bei LdL aus? Die Klasse bereitet sich in den Unterrichtsstunden vor. Wie fangen sie an? Klar, mit Recherchieren. Zuerst recherchieren sie in ihren Köpfen: Welches Vorwissen haben sie schon? Sollten Infos fehlen oder nachgelesen werden, stehen Materialien im Klassenzimmer zur Verfügung und sie können auch ihre Endgeräte verwenden. Als Lehrkraft unterstütze ich sie natürlich,

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      ich gebe ihnen Impulse, denken sollen sie allerdings selber. Denn so entsteht Kreativität, sie werden explorativ und setzen sich intensiv mit dem Stoff auseinander. Anschließend machen sie sich darüber Gedanken, wie sie die neuen Inhalte der Klasse anbieten und erklären wollen. In der Vorbereitungsphase überprüfe ich stets die Korrektheit, lasse aber immer ein paar Fehler übrig, damit das DENKEN bei der Klasse stets aktiviert wird! Miteinander wird nach einer Klärung des Problems gesucht.

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      Sollten Fehler unentdeckt bleiben, melde ich mich mit einer ehrlichen Frage. Die Schülerinnen und Schüler bekommen einen Terminplan, wer wann dran ist. Diese Reihenfolge werde ich gewiss ändern! Warum? Ich möchte, dass sie Flexibilität lernen und üben, mit Unsicherheit klarzukommen. Wie bauen sie ihre Stunde auf? Vorgegeben ist nur, dass eine Visualisierung im Laufe der Stunde entstehen soll, eine Art Landkarte.

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      Keine Zeit darf mit dem Abschreiben verbracht werden: Der Austausch und das Besprechen der Inhalte steht im Fokus! Hier entstehen Emotionen, die für das nachhaltige Lernen von großer Bedeutung sind. Beim Halten der Stunde geht es mir vor allem um das Erklären, das Eingehen und Analysieren der Äußerungen der Mitschülerinnen und Mitschüler und um das Kommentieren und Loben. Die beiden Schülerinnen und Schüler, die die Stunde gerade halten, sind keine Lehrkräfte, sondern auch Lernende.

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      Die Rolle dieses Duos umfasst drei Punkte: (1) der Klasse die Informationen zu vermitteln und Wissen gemeinsam zu konstruieren, (2) den neuen Stoff zu üben und ihn mit dem schon vorhandenen Wissen zu verknüpfen, sodass neue Vernetzungen entstehen und (3) jeder muss verstehen, in welcher Situation dieses Wissen aktiviert werden muss. Wenn eine Einheit behandelt wurde, bietet es sich an, die Komplexität zu reduzieren. Bei dieser Phase tauchen teilweise noch Unklarheiten auf.

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      Dank des Nachfragens kommen oft neue Zusammenhänge ans Licht. Ich denke, es ist klar geworden: Bei LdL geht es um viel mehr als bei einem Referat. Sowohl die Rolle der Schülerinnen und Schüler, der MITSchülerinnen und Schüler und auch die Rolle der Lehrkraft ändern sich bei LdL, sodass die Schülerinnen und Schüler in der Lage sind Inhalte zu didaktisieren, zu konzeptualisieren und zu teilen.

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      So findet nachhaltiges Lernen statt!

    • Quiz

      Beim Lernen durch Lehren geht es also um viel mehr, als um Referate erstellen zu lassen. Bitte vervollständigen Sie die Thesen, indem Sie den Lücken die Wörter zuordnen:

      H5P Aufgabe von Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim) | Lizenz CC BY 4.0

      Reflexionsaufgabe

      Überlegen Sie, welche Formen, außer dem Referat, sich für die Wissensvermittlung durch Schülerinnen und Schülern anbieten würden.

    • Mythos 2: Lernen durch Lehren passt nicht zum digitalen Zeitalter.

      Mythos 2: Lernen durch Lehren passt nicht zum digitalen Zeitalter

      Video Mythos 2: Lernen durch Lehren passt nicht zum digitalen Zeitalter stammt aus dem Video Lernen durch Lehren. Ein Impuls von Isabelle Schuhladen von Isabelle Schuhladen und Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Gemeinnützigen Instituts für Berufsbildung (IFB) | Lizenz CC BY 4.0 | Bearbeitung: Kürzung und Aufteilung auf mehrere Videos; neuer Vor- und Abspann
    • 00:00:05:19 - 00:00:36:06

      Der nächste Mythos ist: „LdL passt nicht mehr zum digitalen Zeitalter.“ Für mich stellt sich die Frage nach einem Widerspruch zwischen LdL und der Kultur der Digitalität gar nicht, da beides miteinander verbunden ist. Unbewusst erwirbt die Klasse bei LdL nämlich zahlreiche Kompetenzen, die sie im heutigen digitalen Zeitalter unbedingt brauchen: Erstens lernen sie, wie das Lernen funktioniert. Zweitens: lernen sie zu selektieren und fokussieren.

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      Drittens: werden mehrere Skills geübt, wie zum Beispiel die vier Ks. Für die Definition der 4Ks und ihre Relevanz im digitalen Zeitalter, habe ich einen Experten gefragt. Die vier Ks kritisches Denken, Kommunikation, Kollaboration und Kreativität sind essenziell für das digitale Zeitalter. Wenn doch LdL hervorragend gefördert. Sie sind nicht nur für die Schule wichtig, sondern auch für das Berufsleben danach.

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      Wir leben aktuell in einer Welt der Informationsflut, in der kritisches Denken und das Erkennen von Zusammenhängen entscheidend ist. Kommunikation und Kollaboration mit anderen Menschen sind wichtige soziale Fähigkeiten in der Arbeitswelt. Und Kreativität ist gerade in der digitalen Welt absolut notwendig. Alle diese Skills werden durch LdL in der Schule perfekt trainiert und angewendet. Aber es werden Schüler in meinen Augen unabdingbar für die Zukunft der Arbeitswelt vorbereitet.

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      Mein Fazit zu diesem Mythos ist: Lernende, also sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler, erwerben durch LdL vielseitige Kompetenzen, die unabdingbar für ihr Handeln in einer Kultur der Digitalität sind!

    • Vertiefung: Das 4K-Modell

      Das Konzept der 4Ks in der deutschsprachigen Debatte, beliebig oder bahnbrechend? Jöran Muuß-Merholz

      Video Das Konzept der 4Ks in der deutschsprachigen Debatte, beliebig oder bahnbrechend? Jöran Muuß-Merholz von Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag von Microsoft Envision Education 2021 | Lizenz CC BY 4.0
      Das Transkript zum Video finden Sie hier. Auch können Sie in dem Video die Untertitel aktivieren.

      Weitere Hintergründe zu den 4Ks finden Sie in diesem Text von Jöran Muuß-Merholz aus der Zeitschrift PÄDAGOGIK: Beliebig oder bahnbrechend?

    • Mythos 3: Lernen durch Lehren funktioniert nur für bestimmte Ziele und Inhalte | Mythos 4: Lernen durch Lehren überfordert schwächere / jüngere Schüler*innen

      Mythos 3/4: Lernen durch Lehren funktioniert nur für bestimmte Inhalte und kann überfordern

      Video Mythos 3/4: Lernen durch Lehren funktioniert nur für bestimmte Inhalte und kann überfordern stammt aus dem Video Lernen durch Lehren. Ein Impuls von Isabelle Schuhladen von Isabelle Schuhladen und Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Gemeinnützigen Instituts für Berufsbildung (IFB) | Lizenz CC BY 4.0 | Bearbeitung: Kürzung und Aufteilung auf mehrere Videos; neuer Vor- und Abspann
    • 00:00:04:19 - 00:00:35:16

      Der nächste Mythos ist eigentlich ein „Doppel-Mythos“. Es geht um zwei Aussagen, hinter denen sich ein gemeinsames Missverständnis verbirgt. Die beiden Mythen lauten: „LdL funktioniert nur für bestimmte Ziele und Inhalte.“ und „LdL überfordert schwächere oder jüngere Schülerinnen und Schüler.“ Auf Fortbildungen höre ich oft, dass LdL für naturwissenschaftliche Fächer nicht geeignet sei und nur für bestimmte Ziele und Inhalte bei starken Klassen funktioniere.

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      Wieso denn das? LdL ist viel mehr als eine Methode, es ist ein Konzept beziehungsweise eine Haltung, die bei jedem Thema, in jedem Fach und bei jedem von uns funktioniert. Im LdL-Konzept bekommen die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte eine neue Rolle, Lehrkräfte sind vor allem ​​Lernende, Coach und Berater, die sich aktiv zurückziehen, sodass die Schülerinnen und Schüler selbständig ihren Weg zur Verinnerlichung und Anwendung der neuen Inhalte finden.

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      Eine LdL-Gruppe ist eine lernende Organisation. Schwache Schülerinnen und Schüler gibt es nicht, wir sind alle Expertinnen und Experten! Hier betreten die Teilnehmenden stets unbekannte Felder auf ihrer Expedition. Schülerinnen und Schüler, die dieses Konzept erleben und mitgestalten, entfalten ihre Potenziale und wachsen über sich hinaus. Dank diesem Konzept entwickeln die Schülerinnen und Schüler wichtige Kompetenzen fürs Leben: (1) Sie wissen, was Menschen brauchen um glücklich zu sein und gehen achtsam mit ihren Mitmenschen um.

      00:01:51:07 - 00:02:27:12

      Inklusion läuft in LdL-Klassen reibungslos. (2) Sie sind flexibel und haben geübt, wie sie mit Unsicherheiten zu Recht kommen. In der Pandemie-Situation erlebe ich täglich Menschen, die in dieser Hinsicht talentfrei sind. (3) Sie konstruieren gemeinsam Wissen und wählen IHRE Themen selbst aus. Thematisch entfernen wir uns vom sogenannten Lehrplan, dessen Forderungen aber trotzdem nebenbei erfüllt werden. (4) Sie reagieren schnell und selbstständig auf Veränderungen.

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      LdL-Schülerinnen und Schüler zeigten große Selbstständigkeit bei Remote Learning. Ihre Projekte liefen einfach weiter. (5) Sie vernetzen sich und entwickeln kollaborativ Lösungsansätze. (6) Den Schülerinnen und Schüler sollte es schnell klar werden, dass sie für sich lernen und für die Gruppe und nicht für die Schulaufgabe. Sie sind verantwortlich für ihren Lernprozess, nehmen ihr Lernen in die Hand und unterstützen sich gegenseitig:

      00:03:00:02 - 00:03:44:21

      Es entsteht kollektive Intelligenz, das lebenslange Lernen wird angebahnt. Mein Fazit lautet also an dieser Stelle: LdL ist eine Haltung, die bei jedem Thema und in jedem Fach Anwendung findet. Alle Schülerinnen und Schüler werden angesprochen, da eine arbeitsmotivierende und entspannte Atmosphäre im Klassenzimmer herrscht. Aufgrund dieser Haltung fühlen sich alle Teilnehmenden wohl und können ihre Potenziale entfalten.

    • Mythos 5: Lernen durch Lehren produziert Fehler, die die Schüler*innen dann übernehmen.

      Mythos 5: Lernen durch Lehren produziert Fehler, die die Schüler*innen dann übernehmen

      Video Mythos 5: Lernen durch Lehren produziert Fehler, die die Schüler*innen dann übernehmen stammt aus dem Video Lernen durch Lehren. Ein Impuls von Isabelle Schuhladen von Isabelle Schuhladen und Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Gemeinnützigen Instituts für Berufsbildung (IFB) | Lizenz CC BY 4.0 | Bearbeitung: Kürzung und Aufteilung auf mehrere Videos; neuer Vor- und Abspann
    • 00:00:05:00 - 00:00:42:00

      Der letzte Mythos lautet: „LdL produziert Fehler, die die Schülerinnen und Schüler dann übernehmen.“ Meine Antwort darauf lautet: Zum Glück produzieren die Schülerinnen und Schüler Fehler!, sie haben keine Angst welche zu machen. Denn wenn ich einen Fehler mache, ist es ein Zeichen, dass ich mich mit einer Thematik auseinander setze und durch meinen Fehler lernen kann. Die Schülerinnen und Schüler gehen ganz offen mit Fehlern um, denn sie wissen, dass diese Unsicherheiten mit der Lerngruppe zusammen geklärt werden.

      00:00:43:08 - 00:01:17:19

      Wenn die Schülerinnen und Schüler ihre Stunde vorbereiten, zeigen sie mir, wie sie das Thema verstanden haben, wie sie es mit dem Vorwissen verknüpfen und mit Hilfe welcher Aufgaben sie den Stoff mit der Klasse üben wollen. Im Gespräch merke ich ziemlich schnell, wie sie das Thema verstanden haben. Wenn ich Unklarheiten entdecke, werde ich gezielte Fragen stellen, sodass das Duo sieht, dass sie in dem Bereich was ändern, ergänzen oder neu denken sollten.

      00:01:18:11 - 00:01:48:15

      Die für die Klasse gedachten Übungen werden auch unter die Lupe genommen: Absichtlich lasse ich ein paar Fehler. Das können klar erkennbare Fehler oder “schwierige”, tiefgreifende Fehler sein. Warum mache ich das? Im Gespräch mit der Klasse werden diese Unsicherheiten ans Licht geführt und gemeinsam werden die Schülerinnen und Schüler diese Fehler klären. Das verlangt Selbstvertrauen bei den Schülerinnen und Schüler:

      00:01:49:22 - 00:02:23:11

      „Bis jetzt fühlte ich mich sicher in meiner Komfortzone, jetzt bringt ihr mich durcheinander!“ Die Person, die sich gerade in einer unsicheren Situation befindet, wird nicht allein gelassen. Alle Schülerinnen und Schüler nehmen die Situation wahr und werden gemeinsam das Problem lösen. Hier hilft: Ruhe behalten, sich Zeit nehmen zu denken, die entdeckten “Probleme” der Lerngruppe anzuhören, ihre Unsicherheit und Probleme mit eigenen Worten zu beschreiben.

      00:02:25:00 - 00:03:00:20

      Wichtig ist der Umgang miteinander beim Entdecken eines Fehlers! Wie beim Laufen lernen: von niemandem bin ich aufgeklärt worden, wie das Laufen funktioniert. Erst beim Ausprobieren, beim Scheitern habe ich entdeckt, wie es geht und bemerkt, worauf ich Acht geben soll. Eine tolle Lektüre zum Thema ist “Die Schönheit des Scheiterns” von Charles Pépin. Mein Fazit zu diesem Mythos lautet: eine Fehlerkultur ist ein unabdingbarer Bestandteil von LdL.

      00:03:01:13 - 00:03:23:21

      Fehler werden und müssen gemacht werden. Der Umgang mit ihnen findet potenzientialorientiert innerhalb der Lerngruppe statt.

    • Vertiefung