Lehren und Lernen mit Moodle
-
Besonderheiten beim Distanzunterricht
-
Der Distanzunterricht kann mit Moodle gut aufbereitet und interaktiv gestaltet werden. Sie können mit Aktivitäten wie Big Blue Button, Chats und Foren nicht nur synchrone und asynchrone Austauschmöglichkeiten anbieten, sondern darüber hinaus auch eine Fülle an Materialien bereitstellen.
Wir gehen im Weiteren davon aus, dass ein nicht unerheblicher Teil der Zeit des Distanzunterrichts asynchron stattfindet und die synchrone Phase vor allem aus Inputs und Besprechungen zu den gelernten Inhalten besteht.
Besonderheiten Distanz und BBS
Für die berufsbildenden Schulen des Landes Niedersachsen gibt es eine Handlungsempfehlung, die nach Nachfrage zum Stand Januar 2023 eine Quote von 15-20% des gesamten Unterrichts in Form von Distanzunterricht vorsieht. Dieser „Präsenzunterricht in Distanz“ kann in einem geschützten Bereich innerhalb als auch außerhalb der Schule stattfinden.
Dabei können auch Lehrkräfte, die nicht in Präsenzunterricht eingesetzt werden können, in einem geschützten Bereich, beispielsweise von Zuhause oder auch in der Schule, den Distanzunterricht durchführen.
Diese 15-20% sind nicht als „ein Tag pro Woche“ zu verstehen. Die Schulen dürfen diese Zeit flexibel legen. Es bieten sich hier verschiedene Szenarien an, beispielsweise:
- Eine Woche Distanzunterricht als Prophylaxe vor Ansteckungen vor den Abschlussprüfungen
- Schulen in Schneefallgebieten, die im Winter nicht erreichbar sind
- Die Lehrkraft ist örtlich gebunden, z. B. durch Kinderbetreuung, und muss von Zuhause aus arbeiten
- Die Lehrkraft muss an verschiedenen Schulen unterrichten und hätte enorme Reisezeiten
Zudem sollen alle Aufgabenstellungen so konzipiert werden, dass sie auch in Distanz funktionieren. Hier können und müssen die Lehrkräfte auch Vorschläge für digitale Tools einbringen, mit denen die Aufgabe gelöst beziehungsweise Lösungswege notiert werden kann.
Die Verwendung von LMS wie Moodle wird auch deutlich empfohlen. Dabei stellt Moodle keine Arbeitsersparnis dar, sondern eine Verschiebung der Arbeitsphasen als Lehrkraft. Die Materialien können Sie gut aufbereiten und wiederverwenden; die Lernenden brauchen aber regelmäßiges Feedback, auch in Form von Bewertungen ihrer Einreichungen, um motiviert zu bleiben.
Digitales Lernen und Arbeiten ist eine Kernkompetenz der neuen Arbeitswelt. Ihre Lernenden sollen diese vermittelt bekommen. Sehen Sie daher den Distanzunterricht nicht als notwendige Bürde, sondern als Chance, mit digitalen Tools den Lehralltag zu verbessern und Ihre Rolle im Unterricht neu zu definieren.
-
Ausgestaltung der Kurse
Bei einer Aufarbeitung der Kursmaterialien für den Distanzunterricht müssen Sie berücksichtigen, dass die Materialien ggf. ohne Ihre Anwesenheit bearbeitet werden. Die Lernenden müssen also alle relevanten Informationen selbst finden können.
- Formulieren Sie die Arbeitsaufträge gut strukturiert und in verschiedene Unteraufgaben unterteilt, beispielsweise in Form einer Checkliste zum Abarbeiten.
- Nutzen Sie Medien wie Bilder und Videos zur Unterstützung, um Wissen auf verschiedenen Zugangsebenen bereitzustellen. Sie können dabei auf vorhandene Materialien zurückgreifen oder selbst erstellen.
- Verwenden Sie Aufgaben zur Selbstkontrolle, z. B. mit H5P. Dies lässt sich auch mit dem vorhergehenden Punkt mit dem H5P-Inhaltstyp „Interactive Video“ kombinieren.
- Tauschen Sie sich auch mit anderen Lehrkräften aus! Nutzen Sie eine gemeinsame Sammlung, beispielsweise nach Fächern aufbereitet. Hier bieten sich Kurse an, die speziell dafür angelegt wurden und in denen explizit nur Lehrkräfte eingeschrieben sind.
-
Selbstkontrolle und Austausch
Beim Erstellen des Kurses müssen Sie im Gegensatz zur Nutzung in Präsenz beachten, dass Sie häufiger Übungen zum Überprüfen und Wiederholen anbieten sollten. Dafür bieten sich H5P-Interaktionen besonders gut an, da sie in den Text eingebettet werden und nicht zunächst angeklickt werden müssen, um sie zu bearbeiten. Kleine Lern-Häppchen, sogenanntes Mikrolernen, mit kurzen Erfolgsmomenten erhöhen die Motivation der Lernenden.
Weisen Sie in den Aufgabenstellungen darauf hin, dass die Inhalte auch nach der regulären vorgesehenen Zeit zur Verfügung stehen, damit Ihre Lernenden diese im Nachhinein, beispielsweise als Vorbereitung auf eine Prüfung, wiederholen können. Verweisen Sie auch auf Foren, Chats und Big Blue Button zum Austausch untereinander hin. Dies bietet den Lernenden die Gelegenheit, das Gelernte zu erörtern und zu vergleichen.
👉Tipp: Lernbegleitung und Coaching
Die Aufgaben sind für die Selbstkontrolle gedacht, nicht für Ihre Auswertung und Beurteilung der Lernenden. Diese können die Aufgaben also beliebig oft wiederholen oder gemeinsam bearbeiten und sind daher nicht repräsentativ für den Lernerfolg. Dieser Kontrollverlust ist gewollt, die Lernenden sollen intrinsisch motiviert die Inhalte erarbeiten, ohne Einfluss oder Kontrolle von außen. Bieten Sie stattdessen Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und zum gemeinsamen Austausch an! Gerade bei Distanzunterricht ist der persönliche Kontakt besonders wichtig, um die Bindung aufrechtzuerhalten. Richten Sie beispielsweise feste Sprechstunden ein, in denen Sie in einem Konferenzraum ansprechbar sind. Alternativ können Sie auch mit einzelnen Lernenden oder Lerngruppen feste Gesprächszeiten vereinbaren.
-
Heterogenität bei der Technik-Ausstattung
Berücksichtigen Sie beim Ausgestalten Ihres Kurses, dass die Lernenden verschiedene Zugangsgeräte verwenden. Moodle stellt die Kurse in der Regel responsiv dar. Durch die Tatsache, dass Moodle im Browser läuft, sollten hier keine technischen Barrieren bestehen: Es muss nichts zusätzlich auf den Endgeräten installiert werden, um Zugang zur Plattform zu bekommen.
Das Verwenden von eigenen Geräten wird im englischsprachigen Raum als „Bring your own device“ (BYOD) bezeichnet. Damit geht aber auch einher, dass diese Verwendung von Institutionen wie Schule oder Unternehmen auch zugelassen und unterstützt wird, beispielsweise durch das Bereitstellen eines offenen WLANs.
-
Beispiel aus der Praxis
Wir sprachen mit Marina Braun. Sie ist Fachlehrerin für Mathematik und Deutsch. Darüber hinaus ist sie Lehrkräftefortbildnerin für den Bereich Moodle und unterrichtet seit vielen Jahren begleitend damit.
Wir stellten ihr folgende Fragen:
- Wie kann Moodle deinen Unterricht in Distanz besonders gut unterstützen?
- Wie kann Moodle deinen Unterricht in Distanz besonders gut unterstützen?
-
Ausklappen Einklappen Das Transkript zum Audio finden Sie hier.
Ich würde sagen: Ohne Moodle gibt's gar keinen Distanzunterricht! Das wäre dann ja 'Aufgaben austeilen'.
Also, wenn ich jetzt kein LMS habe – das muss ja nicht Moodle sein, aber es muss schon ein LMS sein – dann ist Unterricht für mich einfach nicht 'Ja, hier haste mal ein Arbeitsblatt.' Das, was jetzt in der Pandemie ja bei vielen passiert ist: Die Lehrer haben jede Woche ein Arbeitsblatt ausgeteilt, es am Ende der Woche wieder eingesammelt. Das ist für mich noch nicht richtig Unterricht.
Unterricht besteht für mich daraus, dass es Phase von Konstruktion oder Instruktion gibt, dass es Übungsphasen gibt und dass ich als Lehrperson all diese Phasen begleite, für den Schüler präsent bin – und zwar nicht 'präsent' im Sinne von körperlich, sondern erreichbar, er kann Fragen stellen, kann Kontakt zu mir aufnehmen, bekommt Feedback, es gibt Schritte im Unterricht, die aufeinander abgepasst sind.
Und es gibt die Möglichkeit, dass Schüler verschiedene Wege gehen und trotzdem dabei eben nicht den Kontakt zur Klasse verlieren, dass man quasi sagt: 'Ja, ihr habt jetzt hier eine Phase, an der ihr alleine arbeitet, und dann führen wir das wieder zusammen.' Beispielsweise in einem Wiki oder in einer Videokonferenz oder ähnliches.
Deswegen würde ich sagen: Ohne ein LearningManagement-System – und da mag ich Moodle halt besonders gerne – wäre für mich Distanzunterricht gar nicht denkbar. Das wäre 'Distanz-Lehrmaterial-Austeilen'. Das wäre nicht dasselbe.
-
- Wie ändert sich dadurch deine Arbeit?
- Wie ändert sich dadurch deine Arbeit?
-
Ausklappen Einklappen Das Transkript zum Audio finden Sie hier.
Meine Arbeit hat sich in der Phase des Distanzunterrichts deutlich dahin geändert, dass ich Schüler mehr persönlich angesprochen und mich viel mehr um Einzelfälle quasi gekümmert habe, was durch Moodle ja auch dadurch begünstigt wird, dass man Aufgaben standardmäßig erstmal alleine abgibt und ich mir dann auch wirklich angucke: Was hat der einzelne Schüler gemacht? und mir das erst einmal detailliert angucke.
Es hat aber auch dazu geführt, dass ich insgesamt mehr auf die einzelnen Abgaben und Arbeiten der Schüler geschaut habe – und dann irgendwann gemerkt habe: Das geht nicht! Ich kann nicht so viel Zeit da reinbinden, jetzt wirklich alles einzeln anzugucken. Ich muss wirklich mehr mit automatisierten Lernpfaden arbeiten, bei denen ein Teil des Feedbacks entlastet wird und ich mir quasi 'Quality Time' mit meinen Schülern nehme, um zu sagen: Hier gucke ich jetzt auf diese Ergebnisse, die du mir präsentierst, und gucke da sehr detailliert hin, aber ich gucke mir nicht alles an, was du ständig, die ganze Zeit, machst. Das habe ich in der Pandemie auf jeden Fall gelernt.
Mein Unterricht hat sich insofern dann geändert, dass ich gemerkt habe, wie gut es mir eigentlich auch tut, Zuhause zu sitzen und wirklich detailliert auf das zu schauen, was Schüler abgeben oder machen, und es zu wertschätzen und mir Zeit dafür zu nehmen, in die Details, in die Tiefe da zu gehen und auch den Schülern Aufgaben zuzumuten, die Tiefe dann auch hervorrufen, die eben nicht in 90 Minuten Unterricht zu erledigen sind, sondern wo ich sage: 'Hier hast du diese ganze Woche Zeit! Du hast hier zum Beispiel ein Video, das guckst du und dann bearbeitest du die Aufgaben – und dann präsentierst du mir aber nur einen kleinen Teil deiner Bearbeitung, für den Rest bekommst du automatisiertes Feedback. Aber diesen kleinen Teil, den machst du bitte so, dass ich sehe, dass du es wirklich verstanden hast.
Dieser Fokus auf 'Was kannst du eigentlich?', der ist durch den Distanzunterricht gekommen und dadurch, dass das LMS mich eben immer wieder dazu bringt, detailliert auf das zu gucken, was Schüler tun, egal, ob sie es alleine tun oder – da bin ich auch später viel hingekommen – in Gruppen machen.
Dass ich da in dem Teil zwar keine Kontrolle habe darüber, was innerhalb der Gruppe passiert oder wer was genau gemacht hat, aber das kann man dann nachher in den Arbeitsergebnissen oder in den Gesprächen, in den Sprechstunden, schon ganz gut sehen, wer da was gemacht hat. Das sieht man dann jetzt auch im Präsenzunterricht, wenn man in der Unterrichtsbegleitung ist. Ich kann gut einschätzen: Wer hat was in der Gruppe gemacht? Wer hat was verstanden?
Insgesamt würde ich also sagen: Meine Arbeit mit Moodle, was ja jetzt schon seit 11 Jahren ist, hat meinen Unterricht verändert hin zu mehr Individualisierung, mehr persönliche Ansprache. Gleichzeitig aber auch hin zu mehr automatisiertem Feedback und Selbstverantwortung der Schüler.
Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass die reine Arbeitszeit, gerade im Beginn der Pandemie, stark zugenommen hat. Aber ich habe auch mit Moodle lange vor der Pandemie gearbeitet und auch schon vor der Pandemie gelernt: Wenn man wirklich guten Online-Unterricht machen möchte, dann braucht man dafür mehr Zeit, weil das Materialerstellen viel Zeit kostet und wenn das Material dann von den Schülern bearbeitet wird, dann hast du aber immer noch die selbe Zeit, die du dafür aufwendest, um sie zu betreuen!
Es gibt wenig Material, was man von anderen Leuten nehmen kann. Aber ich merke auch, nachdem ich das jetzt 10 Jahre mache und manche Themen wie Exponentialfunktionen jetzt so mit 5, 6 Klassen durch habe: Da sitzt der Kurs! Da habe ich keine Zeit mehr, die ich für das Erstellen des Materials aufbringe! Jetzt entlastet es wirklich. Da merke ich: Das ist mein Kurs, der läuft in meinem Takt, der läuft in dem Stil, den ich habe. Die Videos, die ich darin gemacht habe, sind selbst gemacht. Das passt super gut mit mir und meinem Präsenzsein zusammen. Wenn ich den also dann den im Präsenz- oder Distanzunterricht einsetze, dann merke ich auch schon eine deutliche Arbeitserleichterung.
Das ist aber etwas, was erst gekommen ist im Laufe der Jahre. Wenn ich jetzt etwas Neues mache, dann ist das so, dass ich sagen würde: Meine Arbeit verändert sich hin zu: Ich sitze echt viel vorm Computer und bereite die Kurse vor. Ich habe weniger Zeit für Freizeit, manchmal. Aber es macht auch mehr Spaß! Man sieht, wie die Bindung zu den Schülern sich verändert, wie das Persönliche plötzlich Raum gewinnt, obwohl man auf Distanz ist. Das ist eigentlich ganz schön.
Das kommt aber auch stark darauf an, ob die Schüler damit umgehen können. Ich habe auch viel Zeit damit zugebracht, Schülern zu erklären, wie Technik funktioniert, oder hinterher zu telefonieren und Anleitungen zu machen oder ähnliches. Das wäre, glaube ich, nicht so notwendig, wenn ein LMS vor der Pandemie schon konsequent genutzt worden wäre und wenn es auch jetzt nach der Pandemie von allen Kolleginnen und Kollegen konsequent genutzt werden würde.
Dadurch, dass die unterschiedlichen Kollegen – manche nutzen das LMS nur oberflächlich, manche auch tiefer – dadurch sind die Schüler nicht so geübt darin, das ist nicht so einheitlich, und das macht es auch problematisch für den einzelnen Lehrer, der es sehr intensiv benutzt.
-
Die Aufnahmen stehen unter der Lizenz CC BY 4.0. Für die Namensnennung soll genannt werden: Marina Braun für Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim).
-
Jetzt sind Sie dran!
Gestalten Sie einen Einstieg in ein Thema! Berücksichtigen Sie dabei folgende Punkte:
- Erkennbarer roter Faden: Formulieren Sie am Anfang das Lernziel, sodass es für Ihre Lernenden klar erkennbar ist.
- Der Einstieg sollte über ein kurzes Video mit maximal 8 Minuten Länge stattfinden. Planen Sie hierfür auch kurze Reflexionsaufgaben mithilfe des H5P-Inhaltstyps „Interactive Video“ ein.
- Geben Sie danach eine klare Arbeitsanweisung zum Weiterarbeiten und weitere Arbeitsmaterialien an.
-