• Offene Sprechstunde – „Sag mal, du kennst dich doch aus …“

    • Im Video erklärt Jöran Muuß-Merholz die Grundidee, erläutert das Vorgehen und stellt mögliche Variationen vor. Darunter finden Sie auf der Textebene Beispiele für Themen, Settings und Formen sowie weiterführende Materialien. Außerdem können Sie Ihre konkreten Ideen, Planungen und Fragen unten im Projekt-Canvas notieren.


    • Grundidee: „Sag mal, du kennst dich doch aus …“

      Eine offene Sprechstunde findet an einem festen Ort und zu festen Zeiten statt, z.B. für eine Stunde pro Woche. Hier können Menschen, die an einem bestimmten Thema arbeiten oder Interesse an diesem Thema haben oder von diesem Thema betroffen sind, verlässlich mind. einen Menschen mit besonderer Expertise zu diesem Thema treffen. Sie können Fragen stellen, sich über Ideen austauschen, Feedback einholen und diskutieren.



    • Offene Sprechstunde

      Video Offene Sprechstunde mit Jöran Muuß-Merholz von Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim) | Lizenz CC BY 4.0


      Hier finden Sie die Folien zu allen Videos in diesem Kurs. Die Folien zu diesem Kapitel beginnen mit Folie 62. Präsentation Peer-to-Peer Formate für Mikrofortbildungen – Einführung von Jöran Muuß-Merholz von Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim) | Lizenz CC BY 4.0



    • Geeignete Themen

      Das Sprechstunden-Format kann eine Vielzahl von Themen abdecken. Hier ein kleine Checkliste für die Eigenschaften gut geeigneter Themen:

      • Das Thema sollte die Schule auf längere Sicht beschäftigen – eher für Jahre als für Monate. Das Sprechstunden-Format wird ja nur in Anspruch genommen, wenn Menschen konkrete Anlässe dafür sehen – deswegen kann es einige Anlaufzeit brauchen, bis es sich etabliert.

      • Das Format eignet sich also nicht für den punktuellen Einsatz, sondern eher für die sprichwörtlichen Mühen der Ebene, also zum Beispiel für eine auf Kontinuitität ausgerichtete Phase, nachdem über andere Formate ein Auftakt initiiert wurde.

      • Es braucht eine größere Anzahl von Menschen, bei denen ein Beratungsbedarf vorhanden oder zu erwarten ist. Es gibt keine feste Größe, aber als Faustformel lässt sich sagen: Die Gruppe ist so groß, dass die betroffenen Personen sich nicht einzeln identifizieren lassen.

      • Einzelne Aspekte des Themas sollten innerhalb von je 5 bis 20 Minuten besprochen werden können.

      • Das Thema darf nicht so brennend sein, dass die Beschäftigung mit einer Frage nicht auch eine oder zwei Wochen warten kann.

      • Wichtig ist, dass zum Thema bei mindestens einer Person Expertise vorhanden ist, sodass es eine kompetente Ansprechperson gibt. Es ist ein guter Gradmesser, wenn diese Person von Kollegen oft wie folgt angesprochen wird: „Sag mal, Du kennst Dich doch aus mit … Da hätte ich mal eine Frage …“

      • Im besten Fall hat diese Person nicht nur Fachwissen, sondern ist auch gut darin zu sagen: „Lass uns das mal zusammen anschauen.“ Auf diesem Wege können auch Antworten auf neue Fragen gefunden werden und die Lernenden lernen nebenbei Recherchemöglichkeiten und Lösungsstrategien kennen.



    • Beispiele für Setting, Themen und Formen

      Beispiele für das Setting:

      • Häufig werden solche Formate nach einem Ort oder einem Begleitgetränk benannt, zum Beispiel als Küchen-Sprechstunde oder als Kaffeerunde.

      • Andere Orte sind, je nach den möglichen Räumlichkeiten, beispielsweise eine Ecke im Lehrerzimmer, in einer Mensa oder Cafeteria. Es sollte bewusst ein freundlicher und informeller Ort sein, also kein Besprechungsraum o.ä., damit der niedrigschwellige Charakter gewahrt bleibt.

      • Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Termin 1. bekannt gemacht wird und 2. im Bewusstsein bleibt. Dafür reichen Aushänge und Ankündigungen in der Regel nicht aus. Damit die Möglichkeit der Sprechstunde präsent bleibt, kann beispielsweise der Ansprechpartner in monatlichen Konferenzen oder Teamtreffen einen festen Platz auf der Agenda bekommen, zu dem er drei Minuten von aktuellen Themen berichtet und damit Neugier weckt.


    • Beispiele für Themen:

      Besonders beliebt sind technische Themen wie zum Beispiel:

      • Tablet-Sprechstunde – Fragen rund um die genutzten Endgeräte

      • Moodle-Küche – Austausch zur Lernplattform in der Kaffeeküche

      • iServ-Café – offene Fragestunde für Newbies und Profis

      • Tool-Box – Austausch und Fragerunde zu schulweit eingeführten Apps und Tools


      Auch andere Themenkomplexe sind geeignet:

      • Tee inklusive – was ich schon immer mal zum Thema Inklusion wissen wollten und mich nicht zu fragen traute

      • MaterialMittwoch – Austausch und Co-Working an Unterrichtsmaterialien

      • fuckup-Session – einfach mal seinen Frust loswerden über Sachen, die an der Schule nicht funktionieren

      • Idee mit Tee – eine offene Runde zum Austausch über große und kleine Ideen


    • Beispiele für Formen:

      • Es gibt eine Stunde als regelmäßigen Termin jede Woche / jede zweite Woche / einmal im Monat.

      • Der offizielle Beauftragte für ein Thema ist hier ansprechbar. Aber auch ohne offizielle Beauftragung ist das denkbar. Entscheidend ist die fachliche Expertise. So kann beispielsweise eine Smartphone-oder Tablet-Sprechstunde von Schülerinnen übernommen werden.

      • Eine Sprechstunde kann mittelfristig zum Treffpunkt für eine kleine oder große Community wachsen, bei der man sich auch untereinander austauscht und zusammenarbeitet.



    • Tipp! Langer Atem

      Die Sprechstunde ist ein Angebot, Fragen dann zu klären, wenn sie sich in der Praxis stellen – also nicht auf Vorrat zu lernen. Dieser Moment wird bei vielen Beteiligten nicht zwingend der gleiche Zeitpunkt sein, zu dem ein solches Angebot gestartet wird. Es kann also gut sein, dass eine Sprechstunde gerade zu Beginn nicht stark besucht wird. Dennoch kann sich ein langer Atem lohnen. Wenn das Thema die Organisation wirklich beschäftigt und die Existenz der Sprechstunde regelmäßig ins Bewusstsein gerufen wird, dann kann die Nachfrage auch nach einer schleppenden Anlaufphase wachsen. Vielleicht kommt am Anfang sogar niemand oder nur einzelne Personen. (Für diesen Fall sollte die gastgebende Person sich etwas Arbeit oder ein Buch mitbringen.)

      Falls eine Sprechstunde mangels Zuspruchs eingestellt werden soll, lohnt sich der Versuch eines letzten Aufrufs. So kann beispielsweise die Ankündigung explizit auf den Modus: „Achtung, nur noch drei Sprechstunden!“ umgestellt werden. Möglicherweise weckt die Aussicht auf ein baldiges Ende überraschende Motivationen – und unter Umständen kann das angekündigte Ende sogar zu einem erfolgreichen Wiederbelebungsversuch werden.



    • Optionale Vertiefungen

      Mit Stammtischen oder Meetups über die Schultore hinaus denken

      Viele Fragen, die eine Schule beschäftigen können, sind auch für Akteure außerhalb der eigenen Institution relevant. Insofern lohnt sich zumindest eine Abwägung, was beim eigenen Vorhaben für und was gegen eine Öffnung nach außen spricht. Das kann eine Einbindung von interessierten Menschen aus anderen Gruppen der Schulgemeinschaft sein – also zum Beispiel Eltern oder Schülerinnen und Schüler. Oder man tut sich mit einer oder mehreren anderen Schulen zusammen. Wenn die Treffen in Präsenz stattfinden, müsste es natürlich eine regionale Nachbarschaft geben. Bei Online-Formaten kann man den geographischen Kreis stark erweitern.

      Wenn solche Termine sich als dauerhafte Treffpunkte von thematischen Communities bilden, werden sie auch als Stammtisch oder Meetup bezeichnet. Optional gibt es bei solchen Treffen einen Input zu Beginn, um einen konkreten Anreiz für das Zusammenkommen und Gespräche zu bieten. In Niedersachsen bietet die Medienpädagogische Beratung regionale Stammtische an, Details können bei den Medienpädagogisch Beratenden oder den Medienzentren nachgefragt werden, einige Meetups sind auch im niedersächsischen Lerncenter (nlc) zu finden.

    • Feste Lerngruppe mit der Learning Circle-Methode

      In den letzten Jahren sind im Internet Tausende von offenen Onlinekursen entstanden, an denen man häufig kostenlos oder für überschaubare Kostenbeiträge teilnehmen kann. Das große Versprechen, dass hier jeder zu beliebiger Zeit an beliebigem Ort lernen kann, hat sich in der Praxis als ambivalent herausgestellt. Gerade weil es keine feste Anbindung mit Zeit und Ort gibt, fällt es vielen Menschen schwer, komplett alleine und in Eigenregie zu lernen. An dieser Schwachstelle setzt das Konzept der Learning Circles an. Learning Circles sind kleine Lerngruppen für Menschen, die am gleichen Onlinekurs teilnehmen und sich an einem Tisch mit Menschen von Angesicht zu Angesicht dazu austauschen wollen. Learning Circles unterstützen auch als schulinterne Fortbildungen das Kollegium. Das NLQ bietet auf der offenen Plattform Open-ELEC Online-Kurse zu verschiedenen Themen im Rahmen der Lehrkräftefortbildung an. Beispiel: Eine Gruppe von Lehrkräften übernimmt im kommenden Schuljahr einen Tablet-Jahrgang und arbeitet sich in die Technik und die methodischen Grundlagen ein. Diese Gruppe startet zeitgleich einen Online-Kurs auf der Plattform Open-ELEC und trifft sich zu einem wöchentlichen Austausch in der Schule. So können auch gleichzeitig unterrichtliche Inhalte auf Basis des Online-Kurses besprochen werden.

      Das Konzept der Learning Circles kommt aus den USA und wurde dort von der Peer2Peer University entwickelt. Inzwischen sind Materialien und die begleitende Website auch auf Deutsch verfügbar. Sie können frei und offen – zum Beispiel in Schulen – genutzt werden. Die entsprechenden Links finden sich unten im Abschnitt Materialien.



      Grafik Learning Circle, veröffentlicht von Peer 2 Peer University und Chicago Public Library via P2PU.org | Lizenz: CC BY-SA 4.0 | Veränderung: Zuschnitt



    • Materialien: Beispiele & Anleitungen

      • Das Café Digital stellt die Lehrerin Sonja Senftleben aus NRW auf ihrem Blog frausonnigsblog vor, wöchentlich treffen sich Kolleginnen und Kollegen digital auf einen Kaffee, um sich auszutauschen.

      • Die Materialien zur Methode Learning Circles finden sich im Angebot der Hamburg Open Online University (HOOU).

      • Auf seinem Blog E-Learning 2.0 hat Marcel Kirchner, einer der Gründer des Barcamps EduCamp einen umfangreichen Artikel zu Learnify your daily work! – Fazit einer Circle-Lernreise geschrieben. Dort gibt es auch den ePortfolio Learning Circle Guide in zwei Sprachen sowie diversen Formaten zum Herunterladen.

      • Ähnlich zu den Learning Circles funktioniert lernOS, das eine Methode für Lebenslanges Lernen ist. Auf der lernOS Website gibt es diverse Anleitungen lernOS u.a. als Einzelperson oder mit Lerngruppen umzusetzen.

      • Sonstige weiterführende Materialien? Die gibt es in diesem Fall nicht. Denn für die Grundform braucht es nur einen Raum mit Tisch und Stühlen, am besten auch mit Kaffee.



    • Werden Sie aktiv! Ihr Projekt-Canvas

      Der Projekt-Canvas wurde in der Einführung vorgestellt. Sie können im Canvas die Methode Ihren eigenen Vorstellungen entsprechend ausarbeiten. Falls Sie den übergreifenden Teil von Seite 1 bis 10 im Canvas schon ausgefüllt haben, können Sie die bisherigen Überlegungen konkretisieren und den gesonderten Teil zur Methode {erste Hälfte des Kapiteltitels} ab Seite 20 ergänzen. Alternativ können Sie auch anhand der konkreten Methode einen neuen Projekt-Canvas beginnen (Download des Projekt-Canvas als PDF-Libre Office- oder Powerpoint-Datei).

      Dokument Der Projekt-Canvas für Ihre Peer-to-Peer-Fortbildung von Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim) | Lizenz CC BY 4.0