Modul 07
Kommunikation, Interaktion und Kollaboration mit digitalen Medien im Fachunterricht
7. Mensch-Maschine-Interaktion
7.4. Konstruktivistisches vs. behavioristisches Lernen 2/2
Der Behaviorismus gilt unter Psychologinnen und Psychologen sowie Pädagoginnen und Pädagogen wohl eher als "Steinzeitpädagogik" denn als aktueller Ansatz. Vielleicht haben Sie sich das beim Ausfüllen des Lückentextes (ein didaktisches und methodisches Armutszeugnis) schon gedacht.
Einer der (mittlerweile überholten) Ansätze, wie Schülerinnen und Schüler behavioristisch lernen können, war Skinners Ansatz des programmierten Lernens.
Die Gegenüberstellung von Skinner und Learning Apps im untenstehenden Video zeigt, wie nah wir manchmal noch an einer längst überwunden geglaubten Vergangenheit hängen.
Und wenn Schüler*innen Learning Apps & Co produzieren?
Wenn Sie selbst wissen, wie man Learning Apps erstellt, ist es auch möglich, diese Arbeit an Schülerinnen und Schüler abzugeben. Das Ziel wäre, dass sich Ihre Schülerinnen und Schüler produktiv mit den Unterrichtsthemen und -inhalten auseinandersetzen, diese reflektieren, in ein geeignetes Aufgabenformat bringen und dabei nicht offensichtliche Distraktoren neben richtigen Antworten diskutieren. Das didaktische Potenzial liegt also vielleicht eher in der Produktionsorientierung, weniger in der nur scheinbar interaktiven Nutzung fertiggestellter Apps. Jedoch:
Ich glaube, dass es ein Fehlschluss ist, anzunehmen, ein problematisches X werde dadurch didaktisch legitimiert, dass man Schüler(innen) auffordert, X selbst zu produzieren. Wenn Schüler(innen) z.B. ein Kahoot selbst entwickeln (und dabei auch die unvermeidlichen 4K gefördert werden), zählt der Prozess, nicht Kahoot als Ergebnis. Die Kompetenzen, die man beim Kahoot-Erstellen fördern kann, könnte man jedoch auch mit anderen Methoden bzw. an anderen Gegenständen fördern, so dass dann auch das Ergebnis didaktisch akzeptabel wäre. Oder anders: Wenn man Kahoots von Schüler(inne)n erstellen lässt, geht es gar nicht um Kahoot. Fazit: Kahoot ist entweder didaktisch fragwürdig (bestenfalls ein digitaler Motivationshering) oder überflüssig. (Axel Krommer in einem Kommentar zu Vedder 2018)
Das heißt...
Am Ende müssen Sie für sich selbst entscheiden, ob und wie Sie Learning Apps einsetzen. Quizspiele etwa am Anfang der Stunde zur Abfrage des Wissensstandes können eine sinnvolle Anwendung darstellen. Halten Sie sich jedoch immer vor Augen, dass diese Art von Anwendungen eher behavioristisch veranlagt sind und viele Aspekte modernen Lernens außen vor lassen. Zudem löst es Wissen aus praktischen Kontexten und verführt dazu, dass die Überprüfbarkeit von Antworten wichtiger wird als der Sinn, den der Wissenserwerb im Lernprozess der Schülerinnen und Schüler entfalten soll. Die Toolifizierung des Unterrichts löst das Versprechen digitaler Bildung schlicht nicht ein, wie Philippe Wampfler am Beispiel der prominenten Quiz-App Kahoot! formuliert hat:
[...] Kahoot [...] löst nicht das Versprechen digitaler Bildung ein: Das Versprechen, dass Lernende mit digitalen Hilfsmittel selbstorientiert und kooperativ Probleme bearbeiten und dafür auf verschiedene Quellen zugreifen, Material bearbeiten und kombinieren und anderen Lernenden ihre Resultate wieder zur Verfügung stellen.
Oder anders formuliert: Kahoot besteht den Maschinen-Test nicht. Aufgaben, bei denen Maschinen besser performen als Menschen, haben einen sehr beschränkten didaktischen Wert – weil die so erworbenen Kompetenzen die Grundlage von Tätigkeiten sind, die in absehbarer Zeit nur noch Maschinen erledigen werden. (Wampfler 2017)