Ziel: Kennenlernen verschiedener Sprachregister sowie deren Funktionen und Merkmale 


Die verschiedenen Ausprägungen des Deutschen bezeichnen wir als Sprachregister. Es gibt als solche die Bildungssprache, die Fachsprache, die Alltagssprache, welche sich hinschlicht ihrer sprachlichen Merkmale und der Funktion unterscheiden.

In der Literatur wird teilweise auch noch die Schulsprache genannt, welche sowohl die Sprache darstellt, welche in der Schule gebraucht wird als auch die, die durch die Schule erzeugt wird. Die Schulsprache ist vor allem durch sprachliche Handlungen gekennzeichnet, die außerhalb der Institution Schule nicht oder nur sehr selten vorkommen (z.B. der Operator "Berichte" in Aufgabenstellungen) und mit gewissen erwarteten Sprachhandlungen verknüpft sind. Die Lernenden müssen die schulsprachlichen Regeln kennen und damit einhergehend die Produkte, welche durch sie produziert werden sollen, um schulisch erfolgreich zu sein. Diese didaktischen Spracherwartungen der Schule arbeiten laut Feilke (2013) "mit didaktischen Fiktionen" (S. 117), die von den Lernenden fordern,  "Zusammenhänge auch dann textlich explizit zu machen, wenn dies nicht zum pragmatischen Kontext passt". Was er konkret meint:

Wenn den Lernenden eine Bildergeschichte vorgelegt wird, die sie beschreiben sollen und bei der sie abschließend gefragt werden, worin der Witz der Geschichte besteht, dann antworten die meisten nicht mit "Der Witz besteht in Bild Nummer 5." (ebd., S. 114), sondern erläutern das Zustandekommen der humoristischen Situation, ohne dass dies explizit so gefordert war. Dass dies gelingt, liegt am Verständnis der Schulsprache und der damit einhergehenden kommunikativen Anforderungen, die die Lernenden erwerben müssen.

Die Alltagssprache hingegen wird ungesteuert im alltäglichen Gebrauch erworben. Sie ist geprägt durch umgangssprachliche Begriffe, etablierte Abkürzungen, dialektale und regionale Einschläge, Auslassungen, Korrekturen, Fehler und einen gemeinsamen Kontext, auf den die Sprechenden sich auch durch deiktische Mittel, das heißt z.B. durch Zeigen, beziehen können, geprägt. (Quelle) Die Alltagssprache wird auch als Sprache der Nähe bezeichnet, weil sie in alltäglichen Situationen und im gewohnten Umfeld, zumeist mit bekannten Personen, Anwendung findet und sprachlich vieles "verzeiht".  Ihre Funktion ist die allgemeine Verständigung. Alltagssprachliche Ressourcen bringen die Lernenden aus der familiären Umgebung mit und haben hiermit zumeist keinerlei Schwierigkeiten. 

Das Register der Fachsprache hingegen ist ein Instrument zur Verständigung zwischen Expert:innen einer gewissen Fachrichtung. Auf der Wortebene finden sich, neben einer hohen Dichte an Fachbegriffen und Fremdwörtern,  Entlehnungen aus anderen Sprachen, vor allem dem Lateinischen, Griechischen und dem Englischen, was auch dem Einschlag unterschiedlicher Disziplinen geschuldet ist (In der Biologie spielen beispielsweise auch gewisse chemische Prozesse eine Rolle.). Die Textebene ist geprägt von fachspezifischen Textsorten wie dem Versuchsprotokoll in der Physik oder dem Gesetzestext im juristischen Bereich. Diese Textsorten wiederum bringen fachtypische Satzstrukturen und Wendungen mit sich sowie "komplexe Attribute, Relativ- und Konjunktionalsätze, Nominalisierungen und Funktionsverbgefüge" (Roelcke 2019, o.S.). 

Die uns hier am meisten interessierende Bildungssprache vereint Elemente aller zuvor skizzierten Register. Sie ist in Bildungsinstitutionen wie der Schule und der Universität zu finden, findet aber auch in vielen offiziellen und öffentlichen Kontexten, zum Beispiel bei Behördengängen oder in öffentlichen Medien, Anwendung. Grundlegend kann Bildungssprache als das Register bezeichnet werden, das benötigt wird, um sich Wissen anzueignen (vgl. Salem 2013, S. 14). Gleichzeitig gilt sie als Eintrittskarte in bestimmte Berufe und Bildungsinstitutionen. Merkmale der Bildungssprache sind unter anderem fachspezifische Textsorten (z.B. eine Erörterung im Deutschunterricht), gehäuftes Vorkommen von Präfixverben (z.B. entfachen), Komposita (z.B. Periodensystem), Fachbegriffe (z.B. gleichschenklig), komplexe Attribute (das mehrfach ausgezeichnete Werk), Funktionsverbgefüge (in Betracht ziehen) und weitere (vgl. ebd. S. 15) . Anhand der Auflistung wird bereits deutlich, dass auch fachsprachliche Elemente eine Rolle spielen und die Register nicht immer trennscharf voneinander zu betrachten sind, sondern sich vielmehr ergänzen und bedingen. Zudem darf nicht unerwähnt bleiben, dass eine einheitliche Definition bisher nicht existiert, es aber durchaus vorherrschende Elemente gibt, die im Zusammenhang mit Definitionsversuchen des Registers Bildungssprache immer wieder genannt werden. Einen Überblick der sprachlichen Phänomene, zusammengetragen aus mehreren Definitionen, finden Sie hier (Liste Gogolin/Duarte einfügen). Diese zunächst rein normative Betrachtung von Bildungssprache ist nicht unumstritten, bietet aber die Möglichkeit eines ersten Zugangs zur Sprache in Ihrem Fach und die Möglichkeit, sich erst einmal für mögliche sprachliche Stolpersteine zu sensibilisieren. In einem nächsten Schritt ist es dann relevant, sich die Funktion der entsprechenden sprachlichen Phänomene anzuschauen. Mögliche Leitfragen können dabei sein:

Warum wird an dieser Stelle das Passiv verwendet, was macht das mit dem Satz/ der Bedeutung? Ist es hier notwendig oder erschwert es das Verständnis?

Muss an dieser Stelle wirklich ein Relativsatz stehen, um den Fachbegriff zu erklären, oder wird der Satz dadurch unnötig komplex? 

Was passiert mit der Aussage des Satzes, wenn ich den Modus ändere? 


Kurz zusammengefasst und durch einige Aspekte erweitert werden die Register in folgendem Video erklärt:

  


Spezifischer auf die Funktionen der Bildungssprache eingegangen wird in diesem Video:

 

 

Die Videos sind von Rosalie Heinen von der WWU Münster erstellt worden.

Zuletzt geändert: Montag, 24. Juli 2023, 11:02