Peer to Peer - Formate für Mikrofortbildungen
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Material-Werkstatt & Hackathon – „Die gemeinsame Hauruck-Aktion“
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Im Video erklärt Jöran Muuß-Merholz die Grundidee, erläutert das Vorgehen und stellt mögliche Variationen vor. Darunter finden Sie auf der Textebene Beispiele für Themen, Settings und Formen sowie weiterführende Materialien. Außerdem können Sie Ihre konkreten Ideen, Planungen und Fragen unten im Projekt-Canvas notieren.
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Grundidee: „Die gemeinsame Hauruck-Aktion“
Die Grundidee ist einfach: Eine Gruppe setzt sich zusammen, um in einer gemeinsamen Hauruck-Aktion an etwas zu arbeiten. Das Ziel kann ein großes gemeinsames Produkt sein oder zum Beispiel eine Reihe von Unterrichtsmaterialien, die in Arbeitsteilung entwickelt werden. Das Format ist sehr skalierbar – von zwei Kolleginnen bis zu Hunderten von Personen weltweit verteilt.
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Material-Werkstatt & Hackathon
Hier finden Sie die Folien zu allen Videos in diesem Kurs. Die Folien zu diesem Kapitel beginnen mit Folie 55. Präsentation Peer-to-Peer Formate für Mikrofortbildungen – Einführung von Jöran Muuß-Merholz von Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim) | Lizenz CC BY 4.0
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Geeignete Themen
Zentral für das Thema bei einem Hackathon ist, dass am Ende ein fertiges Produkt, also ein Werk steht. Entsprechend sind Projekte geeignet, in denen gemeinsam Materialien aller Art konzipiert, erdacht, erarbeitet oder überarbeitet werden.
Der Aufwand ist hoch: zum einen zeitlich, zum anderen weil jede Person sich sehr aktiv einbringen muss. Ein Hackathon bedeutet: Lernen beim Arbeiten, Arbeiten beim Lernen. Daher fordert das Format von den Teilnehmenden hohe Motivation.
Besonders geeignet sind Hackathons in Schulen für Arbeiten, die „ohnehin“ gemacht werden müssen und gemeinsam in einem Team besser, schneller, vielfältiger oder einfach netter zu erledigen sind. In diesem Fall hat der Hackathon den Vorteil, dass alle Beteiligten als „Nebenwirkung“ miteinander und voneinander lernen können anstatt im stillen Kämmerlein als Einzelkämpfer zu arbeiten.
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Beispiele für Setting, Themen und Formen
Beispiele für das Setting:
Die Größenordnung ist skalierbar: Von einem kleinem Team mit 5 Personen, das sich bereits kennt, über eine Projektgruppe mit 30 Personen, die durch ein gemeinsames Interesse verbunden sind, bis hin zu einer großen Gruppe von mehr als 100 Teilnehmenden, die an verschiedenen Orten sitzen und über das Internet verbunden miteinander arbeiten.
Die Dauer ist von Thema und Zielsetzung abhängig. Es sollte mindestens ein voller Tag sein, nicht untypisch ist ein Wochenende.
Auch bei Thema und Arbeitsform sind unterschiedliche Ansätze denkbar, von einem großen gemeinsamen Produkt über parallele Arbeitsgruppen mit ähnlichen Themen bis zu individuell arbeitenden Personen mit je eigenem Thema.
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Als Ort ist prinzipiell ein einfacher Raum mit Tischen, Stühlen und Computern ausreichend. Man kann aber auch gezielt einen besonderen Ort, einen externen Raum auswählen, um die Projekthaftigkeit des Vorhabens zu unterstützen.
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Beispiele für Themen:
Ausarbeitung von Konzepten und Materialien für ein neues Projekt
Erstellung von fächerübergreifenden Unterrichtsmaterialien
Überarbeitung und Ausbau einer Website oder Lernplattform
Übersetzung eines Buchs unter freier Lizenz
Erarbeitung eines Medienbildungskonzeptes, unterstützt durch externe Moderation und fachliche Inputs
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Beispiele für Formen eines Treffens:
Die Form ist von Thema und Zielsetzung abhängig.
Hat man ein gemeinsames Produkt (Beispiel Medienbildungskonzept) braucht es die kollaborative Arbeit der ganzen Gruppe. Andere Arbeiten (Beispiel Unterrichtsmaterialien) können unabhängig voneinander in kleinen Teams oder sogar einzeln stattfinden.
Eine wichtige Eigenschaft von Hackathons besteht darin, dass Teams sich aus verschiedenen Professionen zusammensetzen. Es müssen nicht alle über hohe thematische Kompetenz verfügen. In der Regel gibt es eine Vielzahl verschiedener Tätigkeiten (Beispiel Unterrichtsmaterial: Ideen sammeln, Korrekturlesen, Testen, Layout, Illustrationen usw.), die in einem Team aufgeteilt werden können.
Im Format der OERcamp Werkstätten arbeiten Lehrkräfte für zwei Tage an eigenen Unterrichtsmaterialien. Dazu gibt es Coaches, die für spezifische Themen Inputs und Sprechstunden anbieten, z.B. zu technischen, didaktischen oder rechtlichen Fragen. Außerdem wird ein gegenseitiger Review- und Feedback-Prozess angeboten.
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Vertiefung: Tipps und Hinweise
Realistische Zielsetzungen!
Projektgruppen laufen bisweilen Gefahr, die eigenen Ziele zu hoch zu stecken. Es kann nicht nur frustrierend sein, wenn am Ende des Hackathons das Produkt nicht fertig ist. Unter Umständen ist ein halbfertiges Werk auch gar nicht zu gebrauchen. Daher sollten die Ziele unbedingt im realistischen Rahmen bleiben. Für ambitionierte Gruppen kann eine Möglichkeit darin bestehen, dass sie sich ein Mindestziel (das MUSS zum Ende fertig sein) und ein Bonusziel (das SOLLTE zum Ende fertig sein) setzt.
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Fast fertig ist nicht fertig!
Bei solchen Formaten ist ein Risiko kaum zu unterschätzen: Viele Produkte, die zum Abschluss eines Hackathons zu 95 Prozent fertig sind, werden danach nie ganz finalisiert. Daher sollte bei der Projektplanung schon bedacht werden, welche Arbeiten noch nach Ende des Hackathons notwendig sind und wer diese wann erledigen wird. Wann immer die Wahl besteht, etwas entweder noch im Rahmen der Veranstaltung oder danach erfolgen kann, sollte man es nicht aufschieben.
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Gute Atmosphäre!
Die wichtigste Nebensache für einen Hackathon ist der Raum. Wer möglicherweise mehrere Tage am Stück an einem Ort arbeiten will, sollte Aufwand für eine gute Gestaltung des Ortes einplanen. Dazu gehört eine angenehme Atmosphäre, die Ausstattung mit Steckdosen und WLAN, Obst und Keksen, Kaffee und Kaltgetränken. Man kann die Zuständigkeiten für solche Dinge unter den Beteiligten verteilen und so Teamgefühl und Verbindlichkeit stärken. Bei längeren Arbeitszeiten können gemeinsame Aktivitäten wie Essen und anschließende Spaziergänge o.ä. sinnvoll sein.
Auf jeden Fall sollte man ausreichend Zeit für die Präsentation der Produkte einplanen. Optimalerweise lädt man dafür interessierte Gäste ein und plant eine kleine Feier der Ergebnisse. Das steigert die Motivation während und die Wertschätzung nach der Arbeit.
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Die Lizenz mitdenken!
Bei einem solchen Projekt steht ein kollaboratives Produkt am Ende. Unabhängig davon, ob das ein Buch, einige Arbeitsblätter, ein Konzeptpapier oder ein Stück Software ist – auf jeden Fall kann es urheberrechtlichen Schutz beanspruchen. Formal bedeutet das: Für die weitere Nutzung muss stets die Einwilligung aller beteiligten Personen eingeholt werden. Im Alltag ist das wenig praktikabel. Daher empfiehlt es sich, dass sich alle Beteiligten schon vor Beginn der Arbeit auf eine gemeinsame Lizenzierung einigen. Denkbar ist z.B. eine freie Lizenz von Creative Commons, womit das Material zu Open Educational Resources (OER) wird und alle Menschen es später weiternutzen können. (Mehr zum Thema OER findet sich im NLQ-Lerngebot Open Educational Resources (OER) – eine Einführung für Lehrkräfte.)
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Kompetenzen und Infrastruktur für die Zusammenarbeit!
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass auch die Zusammenarbeit selbst bestimmte Anforderungen mit sich bringt. Das betrifft die technische Infrastruktur, zum Beispiel genutzte Tools, Plattformen, Dateiformate etc. Und es umfasst auch Kompetenzen im Bereich Kooperation, Kollaboration, Kommunikation und Kooperation, die im Bereich Schule unterschiedlich ausgeprägt sein können.
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Materialien: Beispiele & Anleitungen
Die folgenden Beispiele stammen nicht aus schulinternen Projekten, da letztere (bisher) selten öffentlich dokumentiert sind. Grundsätzlich eignen sie sich dennoch zur Inspiration und Orientierung.
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Bei den OERcamp Werkstätten trafen sich für zwei Tage (und Nächte) Menschen aus allen Bildungsbereichen, um konzentriert an eigenen Lehr-Lern-Materialien zu arbeiten. Dafür gab es nicht nur eine freundliche Arbeitsumgebung und viel Austausch untereinander, die Teilnehmenden konnten sich je nach Bedarf passgenauen Input und individuelle Beratung bei Expertinnen und Experten für Didaktik, Technik und Recht einholen.
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Im September 2012 erstellte eine Gruppe in Finnland an einem Wochenende in einem schoolbook sprint ein komplettes Mathematik-Schulbuch. Die Gruppe bestand aus ca. 30 Lehrkräften, Studierenden und Wissenschaftlerinnen. Das Buch umfasst gut 100 Seiten und wurde unter einer CC BY-Lizenz veröffentlicht.
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Das umfangreiche Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T) wurde 2013 komplett überarbeitet. Insgesamt beteiligten sich 268 Personen an dem kollaborativen Projekt, das 7 Tage umfasste. Das Besondere: Die Personen waren an acht Standorten von Hamburg bis Graz verteilt und arbeiteten über das Internet zusammen.
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Im Projekt edulabs der Open Knowledge Foundation Deutschland wurde das Format der edusprints entwickelt und erprobt. Dabei ging es um Sammlung, Dokumentation und Erstellung konkreter Bildungsmaterialien. Das Vorgehen ist anschaulich dokumentiert worden.
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Das norwegische Projekt Global Digital Library hat das Ziel, Lesetexte unter freier Lizenz in möglichst viele Sprachen zu übersetzen. In einem zweistündigen Workshop im Herbst 2017 haben 26 Personen 2 Bücher in 13 verschiedene Sprachen übersetzt.
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Das Handbuch Jugend-Hackathons stammt aus dem Projekt Jugend hackt der Open Knowledge Foundation Deutschland. Auf gut 50 Seiten geben die Projektinitiatorinnen eine allgemeine Einführung, jugendspezifische Anpassungen des Formats, Checklisten etc. Das komplette Handbuch ist als PDF-Datei kostenlos und unter freier Lizenz verfügbar.
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Werden Sie aktiv! Ihr Projekt-Canvas
Der Projekt-Canvas wurde in der Einführung vorgestellt. Sie können im Canvas die Methode Ihren eigenen Vorstellungen entsprechend ausarbeiten. Falls Sie den übergreifenden Teil von Seite 1 bis 10 im Canvas schon ausgefüllt haben, können Sie die bisherigen Überlegungen konkretisieren und den gesonderten Teil zur Methode Material-Werkstatt & Hackathon ab Seite 16 ergänzen. Alternativ können Sie auch anhand der konkreten Methode einen neuen Projekt-Canvas beginnen (Download des Projekt-Canvas als PDF-, Libre Office- oder Powerpoint-Datei).
Dokument Der Projekt-Canvas für Ihre Peer-to-Peer-Fortbildung von Agentur J&K – Jöran und Konsorten im Auftrag des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim) | Lizenz CC BY 4.0
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